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Feste und Feiern im Jahreskreis Karneval in Roisdorf Der Mai, der Mai, der lustige Mai ... Fastenzeit und Karwoche Kräutersegnung an Mariä Himmelfahrt Roisdorfer Großkirmes St. Martin in Roisdorf Advent und Weihnachten in Roisdorf Kinderspiele in Roisdorf 1939 bis 1948

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Feste und Feiern im Jahreskreis

Altes und Neues, Weltliches und Kirchliches

Haus im Schmuck einer Goldhochzeit, 1950er Jahre

Wenn man von Brauchtum oder auch von Sitten und Gebräuchen spricht, ist damit traditionelles Verhalten gemeint, das von einer Gemeinschaft (z. B. Dorf, Verein, Familie) zu konkreten Anlässen gepflegt wird. Wegen des verbindenden Charakters könnte man auch sagen: „Brauchtum ist der Kitt für eine Gemeinschaft“.

Die Bräuche ergeben sich aus dem weltlichen oder kirchlichen Jahreskreis. Daran orientieren sich auch die meisten in Roisdorf bekannten Brauchtumsformen. Doch mit den Bewohnern des Ortes wandelt sich auch das Brauchtum, manches verschwindet sogar ganz. Es kommt aber auch Neues hinzu oder es erfährt nach jahrzehntelanger Unterbrechung eine Wiederbelebung, wie das Fähndelschwenken oder der Kirmespaias.

Viele Feste werden schon am Abend des Vortages (Maiabend, Martinsabend, Nikolausabend, Heiligabend) begangen. Dies geht auf die kirchliche Liturgie zurück, wonach besondere Festen eine Vigil (aus dem Lateinischen = Wachen) haben, in der sich betend und wachend auf das Fest vorbereitet werden soll. Die ursprüngliche Wurzel liegt aber im jüdischen Kulturkreis. Dort beginnen Feste mit Eintritt der Dunkelheit bereits am Vorabend.

Sylvester, 31. Dezember/ 1. Januar

Sylvesterfeuerwerk

Nach der Währungsreform (1948) haben die Männer etwa bis 1955 einen alten Brauch wieder aufgenommen und Sylvester in den Gastwirtschaften Karten gespielt (z. B. Herzblättchen). Als Preis für jede gewonnene Runde gab es einen Neujahrsbrezel oder Neujahrskranz. In Kegelvereinen wurden diese auch oft ausgekegelt. Der Brauch, das Neue Jahr mit Böller und Raketen zu begrüßen, hat sich erst in den folgenden Jahrzehnten entwickelt.

Am Neujahrstag haben Kinder ihren Paten früher ein frohes Neues Jahr gewünscht und dafür einen Neujahrskranz als Patengeschenk bekommen. Dieser Brauch wird kaum noch gepflegt.

Hl. Dreikönige, 6. Januar

Messdiener als Sternsinger

Nach einem sehr alten Brauch (für Köln bereits seit 1520 nachgewiesen, wo der Bohnenkönig wurde auch Freudenkönig oder Narrenkönig genannt wurde) ernannte man beim Feiern zum Dreikönigstag denjenigen, der eine im Gebäck verborgene Bohne fand, zum Bohnenkönig. Dieser Brauch ist für unseren Ort nur mittelbar überliefert. Denn die Schüler der hiesigen Obst- und Gemüsebauschule in der Villa Anna haben anlässlich eines jährlichen Dreikönigsballes (meist in Walberberg) noch bis Ende der 50er Jahres des letzten Jahrhunderts einen Bohnenkönig gekürt. Allerdings soll es zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch Dreikönigsbälle gegeben haben, bei
denen in der gleichen Weise eine Bohnenkönigin gekürt wurde.

Nach dem letzten Krieg wurde der Brauch der Sternsinger wiederbelebt, zuerst nur durch Messdiener im kirchlichen Umfeld. In den 1950er und 60er Jahren war es üblich, dass am Dreikönigstag einer der Messdiener die Predigt hielt. Heute ist der Sternsingerbrauch als deutschlandweite „Sternsinger-Aktion“ des katholischen Kindermissionswerkes organisiert. Als „Sternsinger“ schlüpfen viele Kinder – die meisten hiervon sind aktive Messdiener, dies ist aber keine Vorbedingung – in der ersten Januarwoche in Königsgewänder und bringen ihren Segen „Christus Mansionem Benedicat“ (Christus segne dieses Haus) mit der Jahreszahl in möglichst viele Häuser von Roisdorf. Dabei werden Spenden zugunsten des Kindermissionswerkes gesammelt. Es fallen aber auch Süßigkeiten für den eigenen Verzehr der Sternsinger ab.

Sofern eine Krippe in der Wohnung steht, wird diese am 6. Januar mit den Hl. Drei Königen und deren Gefolge komplettiert. Die Roisdorfer Kirchenkrippe wird mit weiteren Szenen aus der Weihnachtsgeschichte noch häufiger umge-staltet.

St. Sebastian/ Kleine Kirmes, 20. Januar

Rast beim Waldgang an Kleinkirmes

Das Namensfest des hl. Sebastian, des Patrons der Roisdorfer Pfarrkirche (im Dialekt „Bastianes“) wird als kleine Kirmes am 20. Januar auch heute noch durch einen gemeinsamen Waldgang mit der Krönung eines Waldkönigs und einer Waldkönigin sowie abschließendem Ausklang in einer Gastwirtschaft gefeiert. Ebenso begeht die St. Sebastianus Schützenbruderschaft am Wochenende vor diesem Tag ihr Krönungsfest samt festlichem Ball.

Das Fest von St. Sebastian ist auch ein Lostag, an dem es z.B. heißt: „Bastianes brängk ode brich Ihs“ („St. Sebastian bringt oder bricht Eis“) ist ein Hinweis darauf, dass sich dann oft die Großwetterlage ändert, oder auch: „Bastianes fangen de Dach an ze länge un de Froß an zu strenge“ („St. Sebastian fangen die Tage an zu längen und der Frost an zu strengen“), weil es dann schon eine halbe Stunde länger hell bleibt.

Maria Lichtmess, 2. Februar

Darstellung im Tempel, Krippe St. Sebastian

An diesem Tag endete früher die Weihnachtszeit (heute am Sonntag nach Dreikönig). In vielen Familien wurden erst an diesem Tag die Krippe und der Weihnachtsbaum abgebaut. Der Brauch des „Kreppcheluure“ (Krippchenschauens), d.h. man besuchte Verwandte und Nachbarn, um deren Krippe zu bewundern, wird nicht mehr gepflegt.

Hl. Blasius, 3. Februar

Blasiuskerzen

Nach dem Volksglauben soll die Fürsprache des heiligen Blasius bei Halskrankheiten und Erstickungen helfen. Deshalb wird am Blasiustag in den katholischen Kirchen den Gläubigen mit zwei gekreuzten Kerzen vor dem Hals und einen Segensspruch der Blasiussegen gespendet.

Karneval

Kolpingssitzung der Nachkriegszeit

Der variable Karnevalstermin (zwischen dem 3. Februar und 9. März) ist vom Osterfest abhängig. Der Rosenmontag wird 48 Tage vor dem Ostersonntag gefeiert. Als typisches Karnevalsgebäck wird auch hier im Ort in Fett Gebackenes (Berliner, Mutzemändelche) immer noch geschätzt.

In Roisdorf war das Fastnachtsbrauchtum im 19. Jahrhundert weitgehend ein solches der Kinder, die an „Huh Fastelovend“, dem Karnevalsdienstag, von Haus zu Haus zogen und Speck und Süßigkeiten „schnöerzten“ (erbettelten). Nicht unerwähnt sei, dass die heutigen Formen des rheinischen Karnevals mit Festzügen und Sitzungen damals maßgeblich von einem Roisdorfer Jungen mit ins Leben gerufen wurden: Heinrich von Wittgenstein (1797-1869), dem Gründungspräsidenten des Festkomités Kölner Karneval.

In Roisdorf waren im Krieg Kolpingsbrüder zugezogen, die in Köln ausgebombt waren. Diese regten schon sehr früh eine Karnevalssitzung an, die anfangs nur mit eigenen Kräften der Kolpingfamilie gestaltet wurde. Diese Sitzung, in der jetzt Anfang Januar auch die örtliche Karnevalsprinzessin proklamiert wird, hat sich bis heute erhalten.

Prinzessinnenwagen Renate III. (Schmitz). 1990

Daneben sind heute wesentliche Stützen des Roisdorfer Karnevals die Katholische Frauengemeinschaft mit ihrem „Bunten Nachmittag“ sowie die beiden Karnevalsgesellschaften, also die 1974 gegründete KG Vorgebirgssterne e.V., die eine schmucke Kindertanzgruppe unterhält und zum Freundschaftstreffen einlädt, und die 1990 gegründete Interessengemeinschaft Roisdorfer Karneval mit Kinderkostümfest und Tollitätentreff.

Am Donnerstag vor Karneval übernehmen Frauen (Möhne) das Regiment. Erstmals 1939 zog an Weiberfastnacht das im Jahr zuvor gegründete Damenkomitee „Rot-Weiß Germania“ mit einem Wagen durch das Dorf. Aber bereits im folgenden Jahr gab es durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges eine lange Zwangspause; 1948 wurde dieser Brauch wieder aufgenommen. Man traf sich damals zu einem Kaffeeklatsch, der ab ca. 1950 auch von einer Sitzung begleitet wurde. Erst bei dem abendlichen Ball hatten dann auch die Männer Zutritt.

Im Jahre 1967 beteiligte sich der Jungkolping, aus dessen Reihen sich eine Tanzgruppe gebildet hatte, erstmals mit Motivwagen an dem Donnerstagsumzug. Mit Marianne I. (Hamacher) stellten sie dann 1974 auch eine eigene Prinzessin vor. Diese Idee fand allgemeinen Beifall mit der Folge, dass bereits 1975 Renate Pohl als Prinzessin Renate I. für den ganzen Ort offiziell vorgestellt wurde. Seitdem hat sich an Weiberfastnacht in ununterbrochener Folge (außer 1991 wegen des Golfkriegs) ein farbenprächtiger Umzug mit Prinzessin, ideenreichen Wagen und vielen Fußgruppen entwickelt, der inzwischen weit über Roisdorf hinaus bekannt ist.

Fastenzeit/ Karwoche

Gang zu den Sieben Fußfällen

Abhängig von dem beweglichen Osterfest beginnt mit Aschermittwoch die Fastenzeit. Noch immer erinnert in den katholischen Kirchen an Vergänglichkeit und Buße an diesem Tag das Aschenkreuz, das der Priester den Gläubigen als kleines Kreuz aus der Asche verbrannte Palmbüsche des Vorjahres auf die Stirn zeichnet. Nach dem Empfang des Aschenkreuzes zieht mach einer weiter zum Fischessen in den Roisdorfer Lokalen, das ständig mehr an Beliebtheit gewinnt. Auf den Speisekarten hat sich die ursprüngliche Fastenspeise inzwischen zu einem Festessen entwickelt.

Erstmals 2006 hatte die Kolpingsfamilie Roisdorf etwas Neues eingeführt und zur Teilnahme an den „Andachten zur Fastenkrippe“ eingeladen. Beginnend mit dem Aschermittwoch wurden am Schaukasten vor der Pfarrkirche insgesamt sieben Bilder der Fastenkrippe gezeigt und, jeweils Mittwochs, mit einer kurzen Andacht das neue Bild „eröffnet“.

Die Heimatfreunde haben gemeinsam mit dem Liturgieausschuss der Pfarrgemeinde im Jahr 2000 den Brauch des „Gangs zu den Sieben Fußfällen“ wiederbelebt, der seitdem jeweils am Mittwoch vor der Karwoche als Bußgang durchgeführt wird. Diese älteste Form des Kreuzwegs – von Jerusalempilgern im späten Mittelalter ins Rheinland vermittelt – stellte einen Bittgang durch die Dorfstraßen oder die Flur dar, in der Regel um für Kranke und Sterbende zu beten, wobei an sieben Wegekreuzen, Kapellen oder Heiligenhäuschen, den sogenannten Fußfällen, jeweils einer Station des Leidensweges Christi betend gedacht wurde. Seinen Namen erhielt der Bittgang von der Gewohnheit, sich an den einzelnen Stationen mit beiden Knien gleichzeitig zu Boden fallen zu lassen.

Segnung der Palmbüsche vor dem Kirchturm 2012

Am Beginn der Karwoche (zwischen dem 15. März und 18. April) soll in der kirchlichen Liturgie der Palmsonntag an den Einzug Christi in Jerusalem erinnern. Bis heute hat sich der Brauch erhalten, am Palmsonntag Sträuße aus Buchsbaum in der Kirche, bei uns vor der Kapelle im alten Kirchturm, segnen zu lassen. Die gesegneten Zweige werden im Haus (oft am Kreuz) und früher auch im Stall als Schutz vor Unheil angebracht.

Am Gründonnerstag (der Name wird auf ein mittelhochdeutsches Wort „greinen“ = weinen, wehklagen, zurückgeführt) wird immer noch in vielen Familien etwas Grünes, besonders Spinat, gekocht. In den katholischen Kirchen werden in der Gründonnerstagsliturgie zum „Gloria“ die Glocken geläutet, dann schweigen sie bis Ostern. Seit dem Bezug der neuen Pfarrkirche ist es üblich, im Anschluss daran das Allerheiligste in einer Prozession zur Kapelle im alten Kirchturm zu geleiten, dort wurden dann über viele Jahre hinweg mehrere Betstunden bis Mitternacht abgehalten. In letzter Zeit wird lediglich eine „Ölbergstunde“ gefeiert.

Messdiener vor dem Kleppern

Obwohl die Fasten- und Abstinenzgebote vielfach nicht mehr beachtet werden, isst man in vielen Familien am Karfreitag immer noch Fisch. Am Karfreitag und Karsamstag wird das Läuten der Glocken durch Handklappern ersetzt. Messdiener und Messdienerinnen ziehen morgens, mittags und abends klappernd durch das Dorf. Inzwischen wird dieser Brauch auch wieder von Klapperrufen im Dialekt begleitet, die mit dem Tag und der Tageszeit wechseln. Die Klepperkinder sammeln an den Kartagen außerdem Eier und Geld für soziale Projekte, aber auch Süßigkeiten fallen für sie ab.

Am Morgen des Karfreitags gedenken die Roisdorfer des Leidensweges Christi nach alter Tradition mit der Teilnahme an der Kreuzwegprozession, ausgehend von der Kapelle des alten Kirchturms den mit steinernen Kreuzwegstationen versehenen Lindenberg hinauf.

Ostern

Osterfeuer vor dem Pfarrheim

Das Osterfest wird am ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond (zwischen dem 22. März und 25. April) gefeiert. Bis heute werden für dieses Fest Eier hartgekocht und bunt gefärbt. Wenn kleine Kinder im Haus sind, werden die Ostereier möglichst draußen in einem Osternest versteckt. Darin finden sich jetzt auch Osterhasen und Eier aus Schokolade.

Bis vor einigen Jahrzenten war auch noch das Eierkippen beliebt. Dabei wurden von zwei Mitspielern die hart gekochten Ostereier mit der Kuppe gegeneinander geschlagen. Gewonnen hatte derjenige, dessen Schale ganz geblieben war; er bekam dafür meistens das Ei des Gegners.

Weißer Sonntag

Kommunionkinder mit Pastor Goertz, 1920er Jahre

Wurde es in vielen Gemeinden notwendig, die Feier der ersten Heiligen Kommunion anstelle des traditionellen Weißen Sonntags auf einen anderen Tag zu verlegen, so haben wir in Roisdorf bislang das Privileg, dieses Fest nach wie vor an diesem ursprünglichen Termin feiern zu können. Am ersten Sonntag nach Ostern gehen also die Jungen und Mädchen, die sich in den Monaten zuvor in kleinen Gruppen – und angeleitet von einem Team aus ehrenamtlichen Katecheten (zumeist Mütter der Erstkommunionkinder) – hierauf vorbereitet haben, das erste Mal zum „Tisch des Herrn“.

Maifest

Maipaar Willi Reuter und Käthe Bungartz mit Ehrengeleit

Solange es in Roisdorf noch einen Männergesangverein gab, wurde am Maiabend (30. April) bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts an markanten Punkten im ganzen Dorf der Mai angesungen.

Der frühere Ortsvorsteher Wilhelm Rech beschreibt in seiner Chronik, dass im 19. Jahrhundert von den Junggesellen jährlich neu ein Verein nur für den Monat Mai (die Reih) gegründet wurde, der die Versteigerung der Mailehen durchführte. Dabei waren besondere Regeln zu beachten, die durch eine Maipolizei kontrolliert wurden. Dazu gehörte auch, dass der Maikönig seine Königin donnerstags besuchte. Der sogenannte „Kommovend“ am Donnerstagabend wurde dann auch lange Jahrzehnte von anderen Liebespaaren übernommen.

Roisdorf hatte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zwei Junggesellenvereine, einen für das Ober- und einen für das Unterdorf. Weil dann andere Unterhaltungsmöglichkeiten zunahmen, ging diesen Vereinen der Nachwuchs aus, somit kam aus deren Reihen auch kein Maipaar mehr. Deshalb wurde 1952 durch die Kolpingsfamilie dieser Brauch wieder aufgenommen, und von Willi Reuter durch eine Versteigerung Käthe Bungartz als Maikönigin gewählt. Es gab wieder einen Festzug mit dem Maipaar und deren Ehrengeleit sowie einen abendlichen Ball im Gasthof Frings.

Nachdem sich 1994 der Junggesellenverein „Echte Fründe“ neu gegründet hatte, wird seit 1995 aus deren Reihen auch wieder regelmäßig ein Maipaar gewählt. Seitdem gibt es am 1. Mai im Dorf auch wieder einen Festzug mit dem örtlichen Maipaar, sowie Abordnungen auswärtiger Vereine und deren Maipaaren. Es steht dabei nicht nur ein großer Maibaum der Junggesellen vor deren Festzelt auf dem Kirmesplatz und einer vor der Gaststätte Hamacher für das ganze Dorf. Vielmehr stellen die unverheirateten Männer immer noch in der Mainacht den jungen Mädchen einen großen, inzwischen auch mit bunten Bändern geschmückten Maibaum vor das Haus.

Maibaum am Dachgiebel, ca. 1960

Vor fünfzig Jahren war dies noch anders. In der Mainacht wurden wesentlich kleinere Birken (höchstens zwei Meter lang) selbst im Wald geschlagen und ungeschmückt in den Kaminen der Häuser aufgestellt. Oft zum Missfallen der Hausbewohner, weil dabei auch Dachziegel zu Bruch gingen, und sofern noch mit Brikett beheizte Küchenherde in Betrieb waren, über Rauchabzugsprobleme geklagt wurde. Wohnten in einem Haus mehrere Mädchen, gab es auf dem Dach oft Streitigkeiten, besonders wenn „auswärtige Verehrer“ am Werk waren. Deren Bäume wurden deshalb auch nach Möglichkeit wieder gestohlen.

2008 gab es auch in Roisdorf die ersten Anhängerinnen der neuen Sitte, dass Mädchen in einem Schaltjahr ihrem Liebsten einen Maibaum aufstellen. Dieser neue Brauch hat in den Schaltjahren deutlich mehr Anhängerinnen gefunden, die jetzt auch statt eines Baumes ein mit Papierrosen dekoriertes Gesteck (z. B. in Herzform) am Haus des Verehrers anbrachten.

Neben den abendlichen Maiandachten wurde vor Jahrzehnten in katholischen Haushalten vielfach noch ein mit Maiglöckchen und Flieder geschmückte Marienstatue als Maialtar gestaltet.

Bittprozessionen

Hl. Messe auf dem Kripsberg bei der ersten Bittprozession, 2011

An den drei Tagen vor dem Fest Christi Himmelfahrt wird mit den „Bittprozessionen“ bis heute ein alter Brauch lebendig gehalten. Schon seit vielen Jahrzehnten versammeln sich an diesen Tagen die Gläubigen, um betend durch Teile des Dorfes und die Gärten und Felder zu ziehen und Gottes Segen zu erbitten. Am frühen Abend des Montag führt der Weg ausgehend von dem Wegekreuz Ecke Brunnenstraße/ Schussgasse auf dem Kripsberg, wo dann eine Feldmesse stattfindet.

Am Dienstagmorgen geht es von der Maria-Hilf-Kapelle am Friedhof über Fuhrweg und Maarpfad wieder zurück zum Friedhof. Am Mittwochmorgen zieht an vom Wegekreuz am Donnerstein über den Blutpfad bis zum Marienbildstock an der Ecke Ehrental/ Oberdorfer Weg.

Fronleichnam

Prozession von Stationsaltar in der Annastraße

Fronleichnam (wörtlich übersetzt „Leib des Herrn“) wird am Donnerstag nach dem Dreifaltigkeitssonntag gefeiert, der 60 Tage nach Ostern liegt (zwischen dem 21. Mai und 24. Juni). In Roisdorf hat sich die Tradition des Fronleichnamszuges durch den Ort bis heute erhalten. Allerdings wird nicht mehr der ganze Prozessionsweg mit Blumenteppichen und Fähnchen geschmückt. Außerdem geht die Prozession jetzt abwechselnd in einem Jahr durch das Oberdorf und im nächsten durch den unteren Teil des Ortes. Für viele Vereine ist es dabei selbstverständlich, dieser Prozession mit einer Fahnenabordnung beizuwohnen.

Von den Bewohnern in der Nachbarschaft der Altäre werden – auch über Konfessionen hinaus – bereits Tage vor dem Fest immer noch Blüten, Blätter und Farn gesammelt, um damit die vier Segensaltäre und deren Umfeld zu schmücken. Es ist zu wünschen, dass dieser auch nachbarschaftsfördernde Brauch noch lange gepflegt wird.

Wallfahrt zur „Rosa Mystica“ in Buschhoven

Roisdorfer Wallfahrer bei der Prozession in Buschhoven, 2011

Seit jeher war das Fest der „Rosa Mystica“ in Buschhoven, in dessen Mittelpunkt das Gnadenbild der „Geheimnisvollen Rose“ steht, bei den Roisdorfern beliebt. Seit 1978 trifft sich frühmorgens am Sonntag vor Johannes (24. Juni) am Schützenplatz eine ansehnliche Gruppe aus Roisdorf, um gemeinsam durch den vorsommerlichen Vorgebirgswald zu einem der ältesten, seit 1190 nachgewiesen Marienwallfahrtsorte Deutschlands nach Buschhoven zu pilgern. Dort ziehen sie nach einer feierlichen Messe mit vielen anderen Wallfahrern in einer Prozession durch das festlich mit vielen Rosen geschmückte Dorf.

Schützenfest

Der Königsvogel wird beim amtierenden Schützenkönig abgeholt, 1950er Jahre

Schützenfeste und Königsschießen sind seit der Gründung der St. Sebastianus-Schützen im Jahre 1848 nicht mehr aus dem Ortsgeschehen wegzudenken. Im Gegensatz zu früher wird heute nicht mehr jeder Schütze am Morgen des Schützenfestes durch das Spiel eines Tambourvereines vor seinem Haus geweckt. Seit 2004 wird der Schützenkönig auch nicht mehr am Kirmeswochenende, sondern beim Schützenfest im Juli ausgeschossen. Während dieser Tage verwandelt sich auf dem Schützenplatz die Fläche unter den Kastanien in einen prächtigen Biergarten, der von der Roisdorfer Bevölkerung während des Schützenfestes gerne und zahlreich besucht wird.

Seit 1996 wird in einem Schießwettbewerb unter den Besuchern auch ein Bürgerkönig oder eine Bürgerkönigin sowie ein Schülerprinz bzw. -prinzessin ermittelt. Seitdem der Schützenkönig mit großkalibrigen Waffen ausgeschossen wird, ist auch der Königsvogel gewachsen.

Maria Himmelfahrt (Maria Kruckweusch), 15. August

Kruckweusch-Sträuße der Pfarrkirche, 2013

Noch vor einigen Jahrzehnten wurde von der Jugend in Roisdorf für den Krautbüschel nur ein einziges Unkraut (Beifuß) gesammelt, das allgemein auch nur unter dem Namen Kruckweusch (wörtlich übersetzt: Krautwisch/ Krautbüschel) bekannt war. Die daraus gebundenen Sträuße wurden dann an Maria Himmelfahrt (15. August) in der Kirche mit drei längeren Gebeten gesegnet, und anschließend von den Gläubigen mit in die Wohnungen genommen. Es war auch noch üblich, einen gesegneten Zweig bei Gewittern im Herd zu verbrennen.
Der Brauch der Kräutersegnung an Maria Himmelfahrt wurde in Roisdorf durch die Heimatfreunde seit 1994 wiederbelebt. Einige Mitglieder sammeln jetzt Wildblüten und Wildkräuter, die dann zu Sträußen gebunden in der Kirche mit einem seit 1978 modernisierten Gebet gesegnet und an die Gläubigen verteilt werden. Im Jahre 2012 haben sich auch einige Herseler den Kräutersammlern in Roisdorf angeschlossen, um auch in ihrem Ort den alten Brauch wieder in Erinnerung zu bringen.

Roisdorfer Kirmes (Jruse Kirmes)

Kirmes vor der "Gemütlichen Ecke", 1950er Jahre

Wie in den meisten anderen Orten fiel auch in Roisdorf die sogenannte Große Kirmes, stets gefeiert am vierten Wochenende im September, bis 1974 nicht mit dem tatsächlichen Weihetag der Dorfkirche zusammen. Für die Einweihung der neuen Kirche (20.9.1975) hat man aber bewusst den Kirmessonntag gewählt.

Auch nachdem Roisdorf, das ursprünglich zur Pfarrei Alfter gehörte, 1891 eine selbständige Pfarrgemeinde geworden war, feierte man die Kirmes bis 1932 noch immer zusammen mit Alfter. Es gab zwar schon einige Buden in der Brunnenhöhle am Buene Plätzje (wörtlich: Brunnenplätzchen), gegenüber dem Grundstück Botz, heute Krings. Der Besuch soll dort eher mäßig gewesen sein. Da man hinter Alfter nicht dauernd zurückstehen wollte, entschloss man sich, ab 1933 die Kirmes in Roisdorf einen Sonntag später, also am vierten Septembersonntag, alleine zu feiern.

Seit jeher hatte die Kirmes in Roisdorf einen starken sozialen, familienverbindenden Charakter. Verwandte, die auswärts wohnten, kamen an den Kirmestagen regelmäßig in ihren Heimatort zurück, um dort mit dem ganzen Dorf gemeinsam zu feiern. Im Laufe der Jahre hat sich das „Kirmesfeiern“ aber stark gewandelt. Manches ist ganz verschwunden, anderes wurde – zum Teil in geänderter Form – wiederbelebt. Das hat verschiedene Gründe. Mit dem Wachsen des Ortes hat sich auch die Bevölkerungsstruktur stark geändert. Außerdem gibt es während des ganzen Jahres vielfältige Unterhaltungsmöglichkeiten, die wegen der Mobilität der Bewohner auch nicht mehr örtlich begrenzt sind. Die Roisdorfer Ortsvereine haben jedoch seit Jahren dazu beigetragen, das Kirmesfest den neuen Ansprüchen anzupassen.

Früher begann die Kirmes erst am Sonntag nach einem feierlichen Hochamt. Danach ging man zu dem benachbarten Ehrenmal und gedachte der gefallenen und verstorbenen Bewohner. Mit dem anschließenden Fähndelschwenken begann dann der weltliche Festteil. Die Männer gingen danach in ihre Stammlokale zu einem kurzen Frühschoppen, die Frauen zog es eilig nach Hause, um das Kirmesessen mit dem traditionellen Sauerbraten vorzubereiten.

Ursprünglich befand sich der Kirmesplatz vor der Gaststätte Hamacher. Er wurde dann in den 1960er Jahren auf den Vorplatz der neuen Schule und Teile der Friedrichstraße verlegt, bis er 1993 nach der Einweihung des Dorfplatzes, damals noch mit Schotterrasen, neben der neuen Kirche seinen heutigen Standort fand.

Männerreih am Kirmesmontag, 1920er Jahre

Der Kirmesmontag begann wieder mit einem sehr gut besuchten Hochamt für die Lebenden und Verstorbenen der Pfarrgemeinde. Eine Besonderheit für den Kirmesmontag in Roisdorf war die sogenannte „Männerreih“. Es gab davon zwei, und kurzfristig sogar drei. Bei der Männerreih handelte es sich um einen lockeren Zusammenschluss von verheirateten und unverheirateten Männern, die sich jährlich neu nur für die Kirmes zusammenfanden. Nach der Messe am Montag wurde der weltliche Festteil wieder mit Fähndelschwenken vor der Kirche eröffnet. Jede Männerreih zog dann musikalisch begleitet zu den Stammlokalen Schlösser (Frings, heute „Quelle“) und Pütz (jetzt abgerissen) sowie Hamacher. In den Sälen wurde dann schon am Morgen das Tanzbein geschwungen.

Zum damaligen Schörreskarrenrennen am Montagnachmittag gehörte noch Kondition, denn es gab ein Wettrennen mit der im bäuerlichen Alltag genutzten Schubkarre von der Gastwirtschaft Pütz (Nähe Brunnen) bis zur Kirche und zurück. Deshalb kamen die 6 bis 7 Teilnehmer meist aus dem Fußballclub oder dem Turnverein. Da aber schon ein längerer Frühschoppen vorangegangen war, gaben manche auch schon unterwegs auf und kamen nicht mehr zurück. Dem Sieger winkte ein Lorbeerkranz.

Versuchsweise wurde 2012 am Kirmesmontag das Schörreskarrenrennen durch einen Enten-Schwimm-Wettbewerb auf dem Bach ersetzt. Die Resonanz der erfreulich zahlreichen Besucher, die auch erstmals die Siegerkrönung einer Entenkönigin und eines Entenkönigs erlebten, war jedenfalls gut.

Das "Hohe Kirmesgericht" bei der Paiasverurteilung 2012

Der Kirmesdienstag war früher der Tag, an dem der neue Schützenkönig ausgeschossen wurde. Am Abend wurde die Kirmes dann mit einem Krönungsball der Schützen in der damaligen Gaststätte Pütz abgeschlossen.

Weil das Interesse der Bevölkerung an dem gemeinsamen Kirmesfeiern aber mit den Jahren immer mehr erlahmte, hatten die Schützen das Königsschießen zunächst auf den Kirmessamstag verlegt. Die „Kröm“ auf dem Kirmesplatz wurden am Montag und Dienstag fast nur noch sporadisch besucht. Erst am Abend versammelte sich noch eine überschaubare Gruppe von Erwachsenen um einen Bierstand vom TuS-Roisdorf.

Der neu gegründete Heimatverein „Heimatfreunde Roisdorf“ holte dann 1991 in wörtlichem Sinne wieder einen Paias (Kirmespuppe aus ausgestopften Männerkleidern) ins Dorf. Der erste Paias war nämlich Alfterer und dort seiner Verbrennung entgangen. Nach einer Schwarzfahrt mit der Linie 18 war er samstags von einigen Vereinsmitgliedern am „Bähnchen“ abgeholt worden. Es folgte dann auch wieder einen Köttzug, der bis zum Schützenplatz führte, auf dem noch der König ausgeschossen wurde. Den Köttzug am Freitag und Samstag haben inzwischen die Junggesellen übernommen, die mit den dabei gesammelten Einnahmen bisher Projekte für die Allgemeinheit gefördert haben.

Es wird sich zeigen, ob die heutige Form mit der Kirmeseröffnung und einem Fassanstich bereits am Freitag, also mit fünf Kirmestagen statt früher drei, den einzelnen Ständen mit Speisen und Getränken vom TUS, den Vorgebirgssternen sowie den Heimatfreunden und der öffentlichen Paiasverurteilung und anschließender Verbrennung am Kirmesdienstag in dieser Form bestehen bleibt.

Erntdankfest

Festwagen des Erntedankfestzuges, 1950er Jahre

Da im Vorgebirge das Erntejahr, anders als in vielen anderen Regionen, nicht schon Anfang Oktober beendet ist, wird das Erntedankfest (meist am ersten Sonntag im Oktober) eigentlich nur in den christlichen Kirchen mit Feldfrüchten vor dem Altar gefeiert.

Es hat aber Anfang der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts, als noch viele bäuerliche Betriebe in Roisdorf existierten, für einige Jahre prächtige Erntedank-Festzüge mit phantasievoll gestalteten Wagen und Fußgruppen gegeben.

Wendelinuswallfahrt

Roisdorfer Wendelinuspilger in Sechtem, ca. 1960

Als in Roisdorf noch nicht alle Pferde durch Holder und Traktoren ersetzt waren, gab es am Sonntag nach dem 20. Oktober eine Fußwallfahrt zum hl. Wendelinus nach Sechtem, der dort in der Wendelinuskapelle verehrt wird.

Der Legende nach soll Wendelinus im 6. Jahrhundert in der Gegend von Trier missionierend tätig gewesen sein, dann aber statt einer Rückkehr nach Irland eine Stelle als einfacher Hirte angenommen haben. Deshalb gilt er als Schutzpatron für das Vieh: „St. Wendelin verlass uns nie, schirm unsern Stall, schütz unser Vieh“. Die Wallfahrer brachten den Daheimgebliebenen meist einen Brezel als Jöbbelchen (ursprünglich Kölner Hefegebäck – Reihweck –, den Besucher aus Köln mitbrachten, vermutlich nach einem Bäcker Göbel benannt mit). Dadurch erklärt sich auch die scherzhafte Gebetsabwandlung: „Heiliger Wendelinus zu dir kommen wir, deine Brezel begehren wir“.

Allerheiligen/ Allerseelen

Segnung der Gräber an Allerheiligen

Auch in Roisdorf werden zu Allerheiligen (1. November) die Gräber der verstorbenen Angehörigen bis heute besonders gepflegt. Auswärts wohnende Angehörige kommen an diesem Tag in ihren Heimatort, um die Gräber der verstorbenen Verwandten mit Gestecken und Blumen zu schmücken. Mit einer Prozession zum Friedhof und brennenden Grablichtern wird dabei der Toten besonders gedacht.

St. Martin

St. Martin (Karl Schäfer) im Kindergarten, 1950er Jahre

Für den Martinstag (Märtesdach) hat sich erfreulicher Weise das Brauchtum im Ort fast vollständig erhalten. So wird der Martinstag (11. November bzw. Vorabend 10. November) immer noch mit einem Fackelzug der Kinder hinter dem voranreitenden Sankt Martin, einem Gänsewagen und anschließendem Martinsfeuer begangen. In manchen Jahren verschiebt sich nur der ursprünglich feste Termin, weil Rücksicht auf Termine der Musikkapellen und Helfer genommen werden muss. Roisdorf hat seit Jahren einen sogenannten Martinsausschuss, der sich um Finanzierung, Organisation und die Erfüllung zahlreicher behördlicher Auflagen kümmert. Es ist geplant, zukünftig den Martinsabend immer an einem Freitag zu feiern, der dem 11. November am nächsten liegt.

Wie lebendig der Martinsbrauch in unserem Dorf noch ist, sieht man auch daran, dass Sankt Martin (in Roisdorf wird jedes Jahr ein neuer St. Martin gewählt) seit Jahren alle örtlichen Kindergärten und Altenheime aufsucht und dort eine kleine Ansprache hält und Weckmänner verteilt. Der Fackelzug hat übrigens unabhängig von der Heiligenlegende einen kirchlichen Ursprung. Denn am 11. November wurde in den Kirchen jeweils aus dem Lukas-Evangelium gelesen: „Niemand aber, der eine Leuchte angezündet hat, stellt sie ins Versteck, noch unter einen Scheffel, sondern auf das Lampengestell.“

Knollenfackel beim Martinszuge 2006

Für den abendlichen Umzug werden viele bunte Fackeln oft klassenweise mit einem einheitlichen Thema selbst gebaut. Als Heinz Lennarz von den Heimatfreunden im Jahre 2006 Sankt Martin war, haben ihm die Heimatfreunde, so wie das früher üblich war, mit selbst gemachten Knollenfackeln das Geleit gegeben. Knollefackeln wurden aus ausgehöhlten Futterrüben, mit einem ausgeschnittenen Gesicht gemacht.

Obwohl die hiesigen Kinder kaum noch den örtlichen Dialekt beherrschen, singen sie mit Begeisterung die alten Martinslieder auch im Roisdorfer Platt, das sie dafür als „Fremdsprache“ extra lernen müssen. Sie verkaufen auch engagiert Martinslose, aus denen das Fest zum Teil finanziert wird. Auch die Heischegänge (das Schnörze) der Kinder haben sich vollständig erhalten. Sie ziehen noch immer vor die Häuser und singen: „Hier wohnt ein reicher Mann, der uns vieles geben kann ...“, und werden dafür meist auch reichlich mit Süßigkeiten belohnt.

Martinsfeuer

Auch das Martinsfeuer lodert nach dem Umzug noch auf dem Vorplatz der neuen Kirche. Es hat sich in Roisdorf im Laufe der Jahre sogar ein neuer Brauchtumsteil manifestiert: Nach dem Martinszug treffen sich Jung und Alt mit Sankt Martin, der Feuerwehr und den vielen anderen freiwilligen Helfern im Pfarrheim. Dort werden dann die Preise für die verkauften Lose gezogen. Darüber hinaus bekommt aber auch jeder Besucher noch ein Freilos. Dank der Spenden der örtlichen Gewerbebetriebe geht dadurch jeder mit einem Gewinn nach Hause. Die Besucher werden auch zu mäßigen Preisen bewirtet. Der dabei entstehende Überschuss trägt zur Finanzierung des Martinsfestes bei.

Weitere Bräuche zum 11.11.

Vorstellung der neuen Karnevalsprinzessin Karin II. (Hamacher) 2013

Der 11.11. war früher auch der Tag, an dem Dienstverhältnisse in der Landwirtschaft endeten oder neu begannen. Noch heute werden viele Pachtverträge über landwirtschaftliche Grundstücke geschlossen, mit Pachtfälligkeit zum 11. November.

Der 11.11. ist in den Karnevalshochburgen auch der Beginn der närrischen Zeit. Dieses Datum hat einen religiösen Ursprung. Denn nach Martin begann einmal das 40tägige Adventfasten. Der Martinsabend war also wie der Karnevalsdienstag der Fastenabend (daraus entstand im hiesigen Dialekt das Wort „Fastelovend“), also der Abend, welcher der Fastenzeit vor Weihnachten voranging.
Die närrische Zahl „Elf“ beruht zudem auf der früher verbreitet Zahlenmythologie. Die Zahl „Elf“ lag zwischen der „Zehn“ von den 10 Geboten und der „Zwölf“. Diese entsprach er Zahl der Apostel, aber auch die Zahl der zwölf Tore in das himmlische Jerusalem.

Volkstrauertag

Vereine vor dem Ehrenmal

An sogenannten Volkstrauertag am letzten Sonntag vor dem 1. Advent wird durch eine Kranzniederlegung am Denkmal der Toten und Gefallenen der Gemeinde gedacht. Im Bewusstsein der dörflichen Bevölkerung wird dieser Tag im Gegensatz zu Allerheiligen aber weniger wahrgenommen.

Advent

Adventskranz in der alten Pfarrkirche

Der Advent, der mit dem vierten Sonntag vor Weihnachten (frühestes Datum: 27. November) beginnt, und am 24. Dezember endet, ist im Bewusstsein der Bevölkerung noch immer tief verwurzelt. Es ist aber inzwischen auch die Jahreszeit, in der Handel und Industrie die höchsten Umsätze erwarten. In der Öffentlichkeit ist also viel von der Stille und Besinnlichkeit dieser Zeit verloren gegangen. Innerhalb vieler Familien wird trotzdem immer noch versucht, die Vorweihnachtszeit besonders zu gestalten.

Der Adventskranz oder ein Adventgesteck, an dem an jedem der vier Sonntage eine weitere Kerze angezündet wird, schmückt viele Wohnungen. Über dem Altar in der Pfarrkirche schwebt der eindrucksvolle und symbolkräftige Adventskranz. Der mächtige Kranz mit 2 ½ Metern Durchmesser wurde von Pastor Matthias Ossenbrink spätestens in der Mitte der 1950er Jahre im Chorbereich der alten Pfarrkirche aufgehängt. Form, Ausmaße und Positionierung im Chor nehmen bewusst die Tradition und Botschaft mittelalterlicher Radleuchter auf und machen damit deutlich, dass auch hier die Vision des „Himmlischen Jerusalem“ vor Augen geführt wird. Als man 1974 in die neu erbaute heutige Pfarrkirche überwechselte, nahm man selbstverständlich auch den großen Adventskranz mit. Jedes Jahr übernimmt eine eigene „Adventskranzmannschaft“ den Schmuck und das Anbringen.

Lebendiger Adventskalender

Auch der Duft von selbstgebackenen Plätzchen zieht im Advent durch viele Häuser; und die Kinder öffnen jeden Tag erwartungsvoll ein Türchen des Adventskalenders. Seit 2003 wird das vorweihnachtliche Brauchtum in Roisdorf durch den „Lebendigen Adventskalender“ bereichert. Es handelt sich hierbei um eine Initiative der katholischen Kindertagesstätte. War der „Lebendige Adventskalender“ zunächst weitgehend auf den Kreis der Eltern mit ihren Kindern beschränkt, ist er heute darüber hinausgewachsen und gehört fest in das vorweihnachtliche Geschehen unserer Ortschaft. Jeden Tag in der Zeit vom 1. bis zum 23. Dezember öffnet hierbei eine Familie oder Gruppierung ein adventlich geschmücktes Fenster und bietet davor eine kleine Feier mit Texten und Liedern an, im Anschluss offerieren die Gastgeber oftmals Glühwein bzw. Kinderpunsch und Plätzchen.

Hl. Barbara, 4. Dezember

Barbarazweige

Der Brauch, dass Kindern am Vorabend von Barbara (4. Dezember) besonders blank geputzte Schuhe aufstellen, um darin am anderen Morgen nach Möglichkeit keinen Klütten (Brikett, den es als Ermahnung gab, wenn die Eltern mit ihren Sprösslingen nicht so zufrieden waren), sondern einen Apfel, Nüsse und vielleicht auch schon eine kleine Süßigkeit fanden, wird kaum noch gepflegt.

Vielfach werden am Barbaratag immer noch Zweige von frühblühenden Obstbäumen oder Ziergehölzen in die Wohnung geholt. Wenn diese dann Weihnachten erblühen, gilt dies als gutes Zeichen für das nächste Jahr.

Hl. Nikolaus, 5. Dezember

Besuch des Nikolaus in der alten Pfarrkirche, Ende 1940er Jahre

In vielen Familien mit Kindern wird die Feier des Nikolausabend (5. Dezember) noch immer geübt. Oft kommt auch noch der Nikolaus, manchmal mit Hans Muff, persönlich ins Haus. Er kommt am Vorabend des eigentlichen Nikolausfestes (6. Dezember). Furcht und Hoffnung der Kinder halten sich dann die Waage, weil man nie sicher sein kann, was der Nikolaus das Jahr über in seinem dicken Buch gesammelt hat und wie der Hans Muff darauf reagiert. Nach dem Singen eines Liedes, dem Aufsagen eines Gebetes oder Gedichtes geht dann aber fast immer alles gut aus, und es gibt einen Nikolausteller mit Süßigkeiten.

Da die Gestalt des Nikolaus ursprünglich nur am Nikolausabend als Bischof mit Mitra, Stab und Bart erschien, werden die Kinder heute verunsichert. Wochenlang sehen sie im Fernsehen, in den Printmedien, auf Weihnachtsmärkten und in den weihnachtlich dekorierten Straßen rotgekleidete Männer oft mit billigen Kostümen und roten Mützen. Diese tragen dann auch noch unterschiedliche Namen wie Santa Claus oder Weihnachtsmann.

Friedenslicht aus Bethlehem

Friedenslicht

Dank der Herseler Pfadfinder hat vor einigen Jahren ein weiterer Brauch Einzug in die Pfarrgemeinden unseres Seelsorgebereiches gehalten: Das „Friedenslicht“, das jeweils im Advent in der Geburtsgrotte zu Betlehem entzündet und dann von dieser bedeutsamen Stelle aus in alle Welt verteilt wird. Am Wochenende des dritten Advent erreicht es mit der Bahn unter anderem auch die Bischofsstadt Köln und geht von da aus in viele Pfarreien. Wenige Tage später können auch wir in Roisdorf es im Rahmen einer kleinen Andacht in Empfang nehmen.

Weihnachten

Die Freiwillige Feuer-wehr schmückt den Weihnachtsbaum am Ehrenmal 2010

Weihnachten beschränkt sich das Brauchtum insbesondere auf die Familien. Am Heiligen Abend gibt oft nur einfache Mahlzeit. Danach folgt, auch in den katholischen Familien, in denen dies früher meist nur am Morgen des ersten Weihnachtstages üblich war, die Bescherung. In Roisdorf wird von vielen die Christmette am späten Heiligen Abend oder das Hochamt am folgenden Vormittag besucht. Auch gibt es dann ein besonderes Festessen, z. B. Gans oder Karpfen, was später oft von den erwachsenen Kindern als Tradition fortgeführt wird.

Der Weihnachtsbaum, der in Roisdorf erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts Einzug hielt, steht immer noch in den meisten Wohnungen, er ist nur edler geworden. Statt der schnell nadelnden Fichte, die noch mit Lametta dekoriert war, werden heute unterschiedliche Edeltannen geschmückt. Bei dem Christbaumschmuck gibt es inzwischen sogar jährlich wechselnde Modefarben, und die Wachskerzen wurden durch elektrische Beleuchtung ersetzt. Auch die früher meist einfachen und oft selbst gestrickten oder gebastelten Geschenke sind inzwischen wertvoller geworden.

Kirchenkrippe 1942

Erfreulicherweise steht in vielen Häusern aber auch noch eine Krippe. Die Heimatfreunde Roisdorf versuchen, diese Tradition zu erhalten. Deshalb können schon seit 20 Jahren am dritten Adventsonntag im Pfarrheim nicht nur vielfältige Hauskrippen bestaunt werden, sondern auch bei Kaffee, Kuchen, einem Glühwein nach einem alten Weinhändlerrezept und Musikbegleitung ein stimmungsvoller Adventnachmittag verbracht werden. Mit viel Engagement und Geschick wird auch die Krippe in der Pfarrkirche St. Sebastian aufgebaut und immer wieder von der Adventszeit bis Maria Lichtmess umgestaltet.

Zwischen Weihnachten und Dreikönig

Pferde gehörten bei den Roisdorfer Bauern zur Familie, 1950er Jahre

Als die Pferde in den landwirtschaftlichen Betrieben noch nicht durch Maschinen ersetzt waren, sind die Bauern am 2. Weihnachtstag (St. Stephanus) mit ihren Arbeitspferden, die im Dezember ohnehin wenig bewegt wurden, ausgeritten. Als Sättel dienten dabei einfache Decken. Noch heute wird in manchen Gegenden dieser Brauch noch gepflegt und mit der Segnung der Pferde verbunden.

Erstaunlicherweise hat sich ein uralter Volksglaube, den man in unserer aufgeklärten Zeit als Aberglauben bezeichnen muss, zumindest in Teilen erhalten. So ist es noch immer in vielen Häusern verpönt, in den „zwölf Nächten“ zwischen Weihnachten und Dreikönig Wäsche aufzuhängen, weil dies Unglück bringen soll.

Es schließt sich somit der Jahreskreis mit seinem traditionellen Brauchtum, mit den Festen, Feiern und Bräuchen geistlicher und weltlicher Art. Es ist erfreulich, dass das reichhaltige Brauchtum in Roisdorf von engagierten Vereinen und Einzelpersonen weiterhin intensiv gepflegt wird, wobei es nur dann eine Zukunft haben kann, wenn es sich auch weiterhin mit den sich ändernden Zeiten und den Lebensgewohnheiten der Menschen fortentwickelt.

Text: Heinz Dahlen