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Kinderspiele in Roisdorf 1939 bis 1948

Heinz Dahlen erinnert sich

Kinder auf der Bachgasse, 1940er Jahre

Im Jahre 1933 geboren, fiel meine Kindheit zwischen Einschulung und Ende der Grundschule genau in die Zeit zwischen dem Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 und der Nachkriegszeit bis zur Währungsreform 1948. Außerhalb des Schulunterrichtes war der Dialekt, also das Platt, unsere normale Umgangssprache. Dementsprechend trugen auch alle unsere Spiele Dialektbezeichnungen. Da inzwischen aber vielen diese Sprache nicht mehr oder nur noch eingeschränkt geläufig ist, werde ich die Dialektausdrücke übersetzten und, soweit mir das möglich ist, auch deren Herkunft erklären.

Mit zunehmender Kriegsdauer, insbesondere aber in den letzten Kriegs- und den ersten Nachkriegsjahren, wurde der Mangel an Essen, Heizmittel und Wohnraum immer größer. An gekaufte Spielsachen war nicht zu denken. Dennoch wurde auch in dieser Zeit – trotz der Bedrohung durch Fliegerangriffe und des großen Nahrungsmangels – sehr viel und täglich gespielt. Ich glaube, fast mehr als heute.

Mädchen mit Soldaten auf Heimaturlaub

Der erste PC wurde im August 2014 ja erst 33 Jahre alt, Walkman, MP3-Player und Playstation wurden noch später erfunden. Es gab in meiner Kindheit auch noch kein Fernsehen, und die wenigsten Haushalte hatten damals ein Radio. Da die Wohnungen damals auch längst nicht so groß wie heute waren, wurde – egal in welcher Jahreszeit – meistens draußen gespielt. Bis auf wenige Ausnahmen spielten die Mädchen anders als die Jungen. Viele Spiele folgten der Jahreszeit. Versteckspielen und Nachlaufen waren nicht geschlechterspezifisch und sind wohl auch heute noch allgemein bekannt.

Zumindest in den ersten Kriegjahren gehörte „Soldat spielen“ in jeder Jahreszeit zum Tagesprogramm. Selbst Mädchen wurden dabei als Krankenschwestern geduldet. Leider gab es reichlich Originalvorbilder und auch durch Fundstücke, z.B. nach Angriffen auf Munitionszüge, teilweise echte Ausrüstung in Form von Gerät und Munition. Hier haben die Psychologen leider in vollem Umfang recht, wenn sie meinen, daß Kinder das Leben der Erwachsenen nachspielen.

Der weniger kriegerische Teil dieser Spiele bestand unter anderen im „Büdchen- und Bunkerbauen“ sowie im „Affkoche“. Wie aus dem Kochen auf offenem Feuer „Affkoche“, also Abkochen, in unseren Sprachgebrauch kam, weiß ich bis heute noch nicht.

Beliebtes Ziel für solche Aktionen waren „Jammischbachs Fichtele“. Es handelte sich dabei um eine mit Nadelbäumen bestandene Parzelle unterhalb des heutigen Heimatblickes, die vermutlich damals den Inhabern der Lederfabrik Gammersbach gehörte. Tatsächlich handelte es sich um einen jungen Bestand an Kiefern, die allgemein als „Fichtele“, also Fichten, bezeichnet wurden. Dafür sagte man zu den richtigen Fichten, bei den Alten auch noch als „Preußebööm“ bekannt, „Tanne“ oder „Tänne“.

„Affjekoch“, also gekocht, wurde in Kochgeschirren aus Aluminium, die damals jeder besaß, denn die Nazis sammelten regelmäßig im Rahmen des „Winterhilfswerkes“ für die Ausrüstung von Soldaten. Dabei sollte das für ein Mittagessen eingesparte Geld gespendet werden. Hierfür gab es, zumindest in den ersten Kriegsjahren, einmal im Monat Eintopfessen aus einer Gulaschkanone. Unsere beim „Affkoche“ produzierten Gerichte waren bescheidener.

Manchmal hatte man von einem Soldaten einen Suppenwürfel bekommen, oft schwammen aber auch nur Gemüseblätter, z.B. selbstgezogener Mangold, im Kochgeschirr. Im Nachhinein denke ich, daß uns das Spiel mit dem Feuer wichtiger war als die Ergebnisse unserer Kochkunst.

Was man sich heute kaum noch vorstellen kann: Es gab damals auch hier bei uns jedes Jahr einen richtigen Winter mit Schnee und oft wochenlangem starkem Frost. Ich kann mich zumindest in den Kriegs- und ersten Nachkriegjahren nicht an ein Jahr erinnern, in dem man nicht „Schleddere“, „Boddieslofe“, „Schlittschohlofe“ und „Bahnschlage“ konnte.

Mit „Schleddere“ war „Schlittenfahren“ gemeint. Die heute üblichen Holzschlitten – Plastik war ohnehin noch nicht erfunden – sah man fast gar nicht. Die meisten Schlitten waren selbst gebaut. Auch das war sicherlich eine Besonderheit in der damaligen Zeit, daß die Kinder ihre Spielgeräte mit einfachem Material selbst bauten, denn die meisten Väter waren ja Soldat und später in Gefangenschaft.

Zudem war vielfach auch das Geld knapp. Die jüngeren Kinder hatten oft einen selbstgebauten Schlitten, der aus zwei etwa 30 cm hohen Brettern bestand, die je etwa ½ m lang und in Körperbreite mit einem Querbrett versehen waren. Als Gleitfläche der Kufen waren Rundeisen untergeschraubt. Es war oft schwierig, das dafür passende Material zu bekommen. Wer Glück hatte, dem wurde bei einem der drei im Dorf ansässigen Schmiede weitergeholfen. Sonst mußte ein passendes Metallstück gesucht dann noch zurechtgehämmert und mit Löchern für die Schrauben versehen werden. Zum Glühendmachen des Eisens wurde dann der Küchenherd benutzt. Mit etwas Phantasie glich dieser Schlitten einem verlängerten Fußbänkchen. Auf diesen kleinen Schlitten wurde, je nachdem wie groß der Mut und wie glatt die Abfahrten waren, sitzend, meist aber bäuchlings, mit dem Kopf talwärts liegend, gerodelt. Die letztgenannte Technik hieß bei den Kindern „Buchwalze“, wobei die erste Worthälfte unzweifelhaft die Dialektform des hochdeutschen Wortes „Bauch“ war und der zweite Teil sich vermutlich von „walzen“ ableitete. Oft wurde von mehreren Kindern „angespannt“. Dabei wurden mehrere dieser niedrigen Schlitten jeweils durch die Beine des Vordermannes zu einem „Geleitzug“ verbunden. Oft saß dabei noch ein kleineres Kind auch dem Rücken des bäuchlings rodelnden Jungen.

Bei den ältern Kindern und Jugendlichen war das Schlittenfahren mit einem „Lenkbare“ sehr beliebt. Ein „Lenkbare“ war ein Schlitten, welcher der Urform des „Bobs“ entsprach. Im Prinzip waren es zwei durch ein Gelenk miteinander verbundene Schlitten. Ein langer, massiver Schlittenteil für oft fünf bis sieben Personen war durch einem Gelenk mit einem kleineren beweglichen Vorderteil verbunden. Dieses hatte rechts und links Fußstützen, an die auch noch ein Seil gebunden war. Mit Füßen und dem Seil wurde das Gefährt gelenkt. Daher der Name „Lenkbare“. Das Seil diente übrigens nach der Abfahrt auch wieder zum Hochziehen des Schlittens.

Lindenberg im Winter, ca. 1948

Geschlittert wurde von den Jüngeren von der „Komm“ zwischen Roisdorf und Alfter bis in die Brunnenstraße hinter die Einmündung der Schußgasse. Bevor diese Strecke zwischen der Brunnenstraße und Alfter richtig ausgebaut war, hatte sie noch einige steilere Teilstücke, so daß der Schlitten ganz ordentlich Fahrt bekam.

Eine weitere Abfahrtstrecke für „normale“ Schlitten war die Schußgasse. Zum Glück war diese meist vor kurz vor der Brunnenstraße mit Asche stumpf gemacht, weil sonst die Fahrt erst durch die Mauer des Brunnengebäudes gestoppt worden wäre. Die Schußgasse hatte schon wesentlich mehr Gefälle als die „Komm“. Deshalb bekam man deutlich mehr Fahrt, allerdings war die rodelbare Strecke kürzer.

Der „Lindenberg“ war wegen des sehr starken Gefälles, aber auch weil dieser Hohlweg ganz ohne Fahrzeugverkehr war, die bevorzugte Abfahrtstrecke. Allerdings war diese in den späten Nachmittags- und den Abendstunden meist durch „Lenkbare“ mit älteren Kindern und Jugendlichen belegt. Aber auch als Jüngerer durfte man öfter auf einem „Lenkbare“ mitfahren, besonders wenn man beim Hochziehen des schweren Schlittens geholfen hatte. Die Fahrten waren nicht ganz ungefährlich. Die rasenden Abfahrten wurden durch vielstimmige Warnrufe „Lenkbare“ begleitet. An der Einmündung Brunnenstraße/Siefenfeldchen standen oft Zuschauer, welche die wenigen Fahrzeuge, meist Pferdegespanne, kurzfristig stoppten. Die normale Fahrt endete bei den meist guten Schneebedingungen erst an der Vorgebirgsbahn, der jetzigen Linie 18 – oft aber auch früher durch Stürze, und wenn es ganz schlimm kam, an der Mauer des Hauses Brunnenstraße/Ecke Siegesstraße. Hier ist es auch schon zu gefährlichen Kopfverletzungen und Brüchen gekommen.

Roisdorf bot auch genügend Gelegenheit für Betätigungen auf dem Eis. Nach den ersten Nachfrösten stand insbesondere auf dem „Lüüch“ „Boddiesloofe“ an. Das „Lüüch“ hat seinen Namen von dem dort wachsenden schilfähnlichem Riedgras und war Teil des „Burnebroich“, also einem sumpfigen Gelände am Brunnen. Es war von drei Bächen, dem „Mudbach“, also einem modrigem Bach, dem „Feschbach“ (Fischbach) und dem „Möllebach“, also dem Mühlenbach, durchflossen. Jetzt sind viele Teile trockengelegt und auch teilweise bebaut. Die Fläche lag hinter den Häusern der Brunnenstraße und dem heutigen Fußweg, neben dem neuen Bachlauf vor der Bahn sowie zwischen der Pützweide und den Brunnenweihern.

Wie mir erst sehr viel später bewußt wurde, hätten unsere Schutzengel beim „Boddiesloofe“ Gefahrenzulage verdient. Wenn nach den ersten Nachfrösten die Wasserflächen zwar schon mit einer Eisschicht bedeckt, das Eis aber noch recht dünn war, lief man ganz schnell darüber. Es bildeten sich dann an den Stellen, auf denen man auftrat, richtige Beulen und an den Bruchflächen trat auch Wasser aus. Besonders gut im „Boddiesloofe“, und möglicherweise auch besonders mutig, war der kürzlich verstorbene „Palms Karl“. Ihm kam auch sicherlich zugute, daß er als Kind nicht sehr groß und schwer war. Vermutlich hat auch das im Eis eingewachsene „Lüüch“ bei uns allen oft schlimmeres verhindert.

Eishockey auf dem Brunnenweiher, Anfang 1950er Jahre

Damals habe ich mir keine Gedanken gemacht, woher der Name „Boddiesloofe“ kam. Ich habe auch keinen gefunden, der mir die Herkunft des Begriffes genau erklären konnte. Früher hörte man aber manchmal „dat bodd sich“, wenn sich etwas bog, zum Beispiel eine Bodendiele. Das wäre eine einleuchtende Herkunft des Wortes.

Wie man in einem Bild in einem früheren Kalender der Heimatfreunde sehen kann, war bis in die 50er-Jahre das „Schlittschohloofe“ auf dem „Burneweiher“, also dem Brunnenweiher, besonders bei den Jungen sehr beliebt. Damals gab es eigentlich drei Weiher, die durch zwei Halbinseln mit Brücken geteilt waren. Der zur Brunnenstraße hin gelegene Teil ist in den 60er-Jahren zugeschüttet worden und nur noch auf Bildern zu sehen. Heute gibt es dort ein Gebäude, einen Parkplatz und eine Wiese mit einem Weihnachtsbaum in der Adventszeit, die aber auch von Enten bevölkert ist.

Bis zur Währungsreform konnte man natürlich keine Schlittschuhe kaufen. Die meist verrosteten Schlittschuhen stammten von Onkeln, Tanten oder älteren Geschwistern. Sie waren auch nicht mit dem Schuh fest verbunden. Auf der Gleitkufe gab es vielmehr für den Schuh eine Auflagefläche, an der seitlich bewegliche Zangen mit einem kleinen Vierkantschlüssel an die Schuhsohlen geklemmt wurden.

Damals hatte man nur ein Paar sogenannte „Werktagsschuhe“, also hohe, deftige Schuhe, deren Sohlen oft zur besseren Haltbarkeit noch mit kleinen, wulstigen Nägeln verstärkt waren – in dem Kalender 2007 der Heimatfreunde für den September kann man dies bei einem Kirmesfeiernden in der vorderen Reihe sehr gut sehen. Diese Schuhe haben durch die angeklemmte Schlittschuhe natürlich sehr gelitten. Deshalb landeten sie oft noch am selben Abend beim Schuster. Man wartete dann auf die Reparatur entweder in der Mittelstraße, das ist die heutige Aachener Straße, beim „Delfoss“ und seinem Schwager „Westerweller“, die dort auch im Krieg tätig waren, weil sie wegen des Alters nicht mehr zum Wehrdienst eingezogen waren. Später konnte man auch in der Friedrichstraße/Ecke Aachener Straße zum Schuster Schmidt gehen. Dessen Frau war übrigens „Landsbergs Tina“, eine Schwester von „Landsbergs Liesje“ aus dem Lebensmittelladen. Der Schuster Schmidt war wegen einer Kriegsverletzung fast blind und deshalb auch früher wieder in der Heimat. Abends wurden die nassen Schuhe mit Zeitungspapier ausgestopft und unter den Küchenherd zum Trocknen gestellt, damit man sie am nächsten Tag wieder anziehen konnte. Wenn genügend Jungen auf dem Eis waren, das war fast immer der Fall, war Eishockey sehr beliebt. Als Schläger diente ein Aststück, das unten etwas gebogen war. Als Ball mußte eine Milchdose genügen. Körperkontakte damit blieben nicht aus und waren besondern am Kopf mit schmerzhaften Platzwunden verbunden.

„Bahnschlage“, also nach Anlauf mit beiden Füßen über eine glatte Eisfläche rutschen, war bei Jungen und Mädchen beliebt. Eine Fläche, über die man rutschen konnte, und die mit jeder Benutzung immer glatter und damit auch schneller wurde und dadurch eine „Bahn“ entstand, fand sich überall. Aber auch hier boten die großen Eisflächen des „Burneweiher“ die meisten Möglichkeiten, und man traf immer andere Kinder.

Aber auch der schönste Schnee und das dickste Eis waren irgendwann weggetaut. Dann verbreiteten sich wie eine ansteckende Krankheit andere Spiele. Es wurde auch von uns „gereefelt“, also mit einem Reifen gespielt. Dieser bestand aus einem Rad von einem alten Fahrrad, einem alten Fassring oder dem Reifen eines alten Wagenrades, den man mit einem Stock vor sich hertrieb. Das „Reefele“ wurde aber zu meiner Zeit nicht so oft und auch nicht voll allen Kindern betrieben.

Beliebter, und wenn einer damit angefangen hatte, in Windeseile verbreitet, war „Stelzeloofe“, also Stelzenlaufen. An zwei „Bonnejärte“ (Bohnenstangen) wurden in entsprechender Höhe, die von der Körpergröße und dem persönlichen Können abhängig war, je ein Holzdreieck angenagelt und das Laufgerät war fertig. Nach den ersten Gehversuchen, die an einer Wand als Rückenstütze begannen, klappte nach kurzer Übung nicht nur das Laufen sondern auch das Auf- und Absteigen ohne Hilfe.

Frühling am Vorgebirgsbahnhof

Ein beliebtes, und wie man auf Bildern sehen kann, auch altes, beliebtes Kinderspiel war das „Doppdrihe“ oder „Doppschmecke“. Ein „Dopp“ ist ein Kreisel aus Holz. Der Dialektausdruck leitet sich wohl aus dem holländischen und englischen „top“ (siehe auch Topsegel) für Spitze ab. „Drihe“ läßt sich unschwer durch das hochdeutsche Wort „drehen“ erklären. Und „en Schmeck“ ist eine Peitsche. Die hochdeutschen Worte, die zumindest noch in den Wörterbüchern stehen, sind „Schmicke“ und „schmicken“ und bezeichneten ursprünglich eine biegsame Gerte und das Schlagen damit. Später wurde dieser Begriff auf die Peitsche der Fuhrleute übertragen. So sagt man heute noch manchmal „Et steht keene möt de Schmeck hönge de“, wenn einer etwas ruhiger angehen lassen soll.

Die „Schmeck“ wurde aus einem Stock mit einer Schnur selbstgemacht. Das ging mit dem „Dopp“ leider nicht. Deshalb wurde mit zunehmenden Kriegjahren der Kreisel immer seltener. Ich denke, das einfache Spielprinzip ist auch heute noch bekannt. Zum Start wurde der „Dopp“ entweder zwischen Daumen und Zeigefinger durch Schnippen in Rotation versetzt und dann auf den Boden geschnippt. Die andere Möglichkeit war, die Schnur um den oberen Teil des „Dopps“, der dort oft auch Rillen hatte, zu wickeln dann die Kreiselspitze auf den Boden aufzusetzen und die „Schmeck“ durch einen Ruck wegzuziehen, wodurch die abwickelnde Schnur ebenfalls die Rotation erzeugte. Danach galt es, den „Dopp“ durch entsprechende Peitschenhiebe möglichst lange in Bewegung zu halten. Es ist noch zu erwähnen, daß viele Straßen in Roisdorf noch keine feste Straßendecke hatten und deshalb zum „Doppschmecke“ nicht überall geeignet waren.

Im Mai, wenn Saft in den Baumrinden war, wurden „Maiflöte“ und „Maihörnchen“ gebaut. Dazu brauchte man nur ein Taschenmesser und einen Baum oder Strauch mit glatter Rinde, zum Beispiel Weide oder Ulme, wobei letztere damals noch nicht so selten wie heute war.

Für die „Maiflöt“ wurde ein etwa 20 cm langes, fingerdickes Holzstück an beiden Enden glatt abgeschnitten. Durch vorsichtiges Klopfen wurde die Rinde gelockert, so daß sich der innere Holzkern nach einiger Zeit glatt herausdrücken ließ. Davon wurde danach ein Stück von etwa 3 cm abgeschnitten und längs abgeflacht. Dieser Teil wurde dann als Einblasöffnung wieder in die Röhre aus der Rinde eingesteckt. Kurz darunter wurde in die Röhre ein Loch für den Luftaustritt geschnitten. Der längere Teil wurde von unten wieder eingeschoben, je nach verbleibendem Volumen konnte die Tonhöhe beeinflußt werden. Wenn sie fertig war, glich sie einer kleinen Blockflöte, ohne deren verschiedene Löcher für die einzelnen Töne.

Für ein „Maihörnche“ wurde ein dickerer Ast oder Stamm im Abstand von 2 cm bis 3 cm spiralförmig eingeschnitten. Dann wurde die Rinde wieder solange beklopft, bis sie sich als Streifen ablösen ließ. Dieser Rindenstreifen wurde dann trichterförmig zu einem Horn von etwa 20 cm bis 25 cm gedreht und mit Dornen geheftet. Als Mundstück diente ein 2 cm bis 3 cm langes Rindenröhrchen, das wie eine kleine „Maiflöt“ ohne Einsatz gemacht wurde. Nachdem dieses für den Lippenansatz zusammengepreßt und am schmälsten Trichteransatz befestigt war, konnte man nach einigen Versuchen die ersten „Horntöne“ hören.

Ein wohl sehr altes und noch in meiner Kindheit beliebtes Jungenspiel waren „Reiterkämpfe“. Ein meist älterer, kräftigerer Junge war das Pferd, auf dessen Schulter der Reiter saß. Es wurde dann versucht, gegnerische Reiter durch entsprechende Attacken vom „Pferd“ zu werfen. Ein erfolgreiches Gespann waren im Oberdorf „Schäfers Karl“ als Pferd und „Schmitze Schorch“ als Reiter.

Häufige selbstgebaute Spielgeräte bei Jungen waren de „Flitsch“, de „Schleude“ und de „Flitzeboche“. Die Bezeichnung „Flitsch“ leitete sich wohl von „flitzen“, „pfeilschnell bewegen“ ab. Allerdings wurden mit diesem Gerät keine Pfeile sondern Steine verschossen. Eine „Flitsch“ bestand aus einem ypsilonförmigen Aststück, z.B. von einem Haselnußstrauch. An den beiden Schenkeln waren Gummis befestigt, oft aus aufgeschnittenen Gummiringen für Einmachgläser oder Gummilitze. Diese waren an den anderen Enden mit einem kleinen Lederstück zur Aufnahme der Geschosse in Form von Steinen verbunden. Damals gab es noch viele Masten mit freiliegenden Strom- und Telefonleitungen auf Porzellanhütchen, die als Ziele mißbraucht wurden. Durch den Krieg, in dem Zerstörung auch für uns Kinder alltäglich sichtbar war, fehlten uns sowohl die Einsicht als auch die Väter, die uns notfalls klargemacht hätten, dass hier die Grenzen des Spielens weit überschritten wurden.

En „Schleude“ spielte schon im Alten Testament in dem Kampf zwischen David und Goliath eine entscheidende Rolle. Sie wurde auch von uns noch genauso aus zwei Kordelstücken mit Fingerschlaufen selbst gemacht, die unten mit einem Lederstück zur Steinaufnahme verbunden waren. Die Wurftechnik bestand darin, eine Schlaufe fest über zwei Finger zu schieben und das zweite Schnurende zwischen Daumen und Zeigefinger festzuhalten, dann den ganzen Arm mehrfach kreisförmig um das Schultergelenk zu drehen und im richtigen Moment die Schnur zwischen Daumen und Zeigefinger loszulassen. Wenn man die Technik einmal erlernt hatte, wurden dicke Steine mit großer Wucht erstaunlich weit geschleudert. Beliebt waren längliche Steine, die beim Wegfliegen laute surrende Geräusche erzeugten. Für Übungen war die „Löss“ also die „Lüste“ und die „Alftere Wiss“ beliebt, weil dort seltener Menschen waren, die man hätte verletzen können. Denn wie man aus der Bibel weiß, waren die Geschosse nicht ungefährlich.

Alter Weiher zwischen Roisdorf und Bornheim

Bei der „Alftere Wiss“ handelte es sich um eine große, teilweise feuchte Grasmulde zwischen dem „Benden“, dem heutigen „Kölner Pfad“, und der Linie 18 zwischen Roisdorf und Alfter. Sie machte übrigens damals noch ebenso wie der „Burneweihe“, der „Burnebroich“, die Wasser- und Feuchtflächen zwischen der jetzigen neuen Kirche und der Wolfsburg, und dahinter der nach und nach trocken gelegte „Alte Weiher“ den Verlauf eines alten Rheinarmes sichtbar.

Mit der „Schleude“ wurden richtige Gefechten zwischen den Roisdorfer und Botzdorfer Jungen am „Maibroich“ ausgetragen. Das war allerdings zu einer Zeit, wo meine Generation die Wurftechnik noch nicht gut beherrschte und deshalb höchstens für den Steinnachschub zuständig war. Leider ist es bei den Gefechten auch zu ernsten Verletzungen bis zum Schädelbruch gekommen. Auch hier wurden also Spielgeräte nicht mehr nur zum Spielen benutzt.

Damals gab es neben der Vorgebirgsbahn (jetzt Linie 18) zwischen Roisdorf und Alfter noch einem Güterbahnhof. Nach dem Krieg stand dahinter in Richtung Alfter ein ausgebrannter Güterzug mit offenen Waggons. Obwohl sich die Roisdorfer und Alfterer eigentlich gut verstanden, war auch hier kurzzeitig eine Fehde ausgebrochen, die mit Schleudern ausgetragen wurde. Die Roisdorfer hatten ihr Steindepot direkt auf dem ersten Wagen hinter dem Güterbahnhof und die Alfterer am anderen Ende des Zuges. Diese Gefechte haben nur kurz gedauert und sind zum Glück ohne schwere Blessuren verlaufen.

Messdiener 1930er Jahre

Ein „Flitzeboge“ bestand aus einem elastischen Zweig aus Weide oder seltener aus Esche. Dieser wurde gebogen und einer Kordel als Sehne verbunden. Als Pfeile dienten Schilfrohre, denen als Spitze eine Stück von einem Holunderzweig aufgeschoben wurde.

Sehr beliebt war „Pennchekloppe“. Das Spielgerät bestand aus dem „Penn“. Der Name kommt von dem älteren hochdeutschen Wort „Pfinne“, was u.a. einen angespitzten Holzpflock aber auch Holznägel zum Schuhebesohlen bezeichnet, so in einem Kölner Schusterjungenlied: „… mer lappe, mer pappe, schlonn kräftig ob der Penn.“.

Der Penn für unser Spiel war ein an beiden Seiten angespitztes Holzstück von ca. 25 cm Länge. Ein anderer Begriff für ein an zwei Enden angespitztes Holzstück, den man hier allerdings nur in noch geläufigen Redewendungen kennt, ist „Jig“. Wenn jemand unglücklich gefallen ist, wird er vielleicht sagen: „Do bön ich doch jestruchelt und han de Jig geschlage“. Etwas derber wird die „Jig schlage“ auch für „Sterben“ gebraucht. So konnte man vielleicht hören: „Wie jeht et eijentlich dinge Nobe-rin?“, worauf die Antwort kommen konnte: „Net jood, die wid bal de Jig schlage“.

Zu Beginn des Spieles wurde das „Pennche“ auf eine kleine Erdmulde oder zwei Steine aufgelegt und von einem Jungen in Richtung auf die anderen fortgeschleudert. Jeder Spieler hatte einen Stock von Spazierstocklänge. Auch hierzu dienten meist alte Bohnenstangen. Wenn es einem anderen Spieler gelang, das fliegende Holzstück mit dem Stock in andere Richtung zu treiben, durfte dieser weiterspielen. Im weiteren Verlauf wurde der „Penn“ jeweils durch einen Schlag auf ein angespitztes Ende hochgeschnippt und dann durch Darunterschlagen mit dem Stock möglichst weit fortgeschleudert. Gewonnen hatte, wer am weitesten gekommen war.

Ein Spiel, das heute auch nicht mehr bekannt ist, war „Landavvsteche“ (Landabstecken). Sofern man dazu kein Taschenmesser besaß, wurde ein Messer aus Mutters Küche mißbraucht. Das Spiel begann damit, daß jeder Mitspieler auf der Erde eine Fläche einritzte und dieser einen Ländernamen (Frankreich, England usw.) gab. Dann versuchte er von seinem „Land“ aus, das Messer so in ein „Nachbarland“ zu werfen, daß es dort stecken blieb. Von diesem Punkt wurde dann eine Linie gezogen und der „abgestochene“ Teil dem eigenen Land zugeschlagen. Gewonnen hatte, wer am Schluß das größte Land besaß.

Da damals fast jeder Landwirt noch ein Pferd hatte, gab es auch Haferfelder. In Roisdorf war wegen der kleinen Feldparzellen – eine Folge der Realteilung – der Getreideanbau sonst nicht üblich. Wenn das Getreide abgeerntet war, kam die Zeit für das „Pattevuëlfleje“ (Papiervogelfliegen). In der Dialektbezeichnung für einen Papierdrachen ist wohl der Wortstamm für Papier/Pappe mit entsprechender Lautverschiebung enthalten. Der „Pattevuël“ wurde selbstverständlich selbst gebaut. Dafür haben wir beim Schreiner Kievernagel dünne, schmale Holzleisten, meist Abfallstücke, erbettelt. Daraus wurde ein Kreuz gebastelt, dessen längster Schenkel ca. 40 cm maß. Die vier Enden wurden mit einer Schnur verbunden, so daß sich eine Raute ergab. Mit etwas Überstand wurde in dieser Form dünnes Papier ausgeschnitten. In den ersten Jahren konnte man noch farbiges Papier kaufen, das dafür besonders geeignet war. Später nahm man Papier, das greifbar, aber nicht immer haltbar war. Nachdem das Papier durch Umkleben, oft mit einer gekochten Kartoffel, um die umlaufende Schnur befestigt war, wurde eine Schlaufe aus Kordel an der Querstrebe befestigt, an die später die Zugschnur angebunden wurde. Dann kam an die untere Spitze noch ein Schwanz, in den Papierstücke eingebunden waren. Wenn er gelungen war, sah der „Pattevuël“ so aus, wie man das noch heute auf Bildern von Papierdrachen sieht. Vor dem ersten Start wurde die Schlaufe ausbalanciert, indem man versuchte den Drachen in die Waage zu bringen. Zum Start waren zwei Jungen erforderlich. Einer der den „Pattevuël“ beim Start gegen den Wind hielt, und der andere der mit der Zugschnur loslief bis der Drachen stieg. Ein Problem war das Beschaffen von geeigneten Zugschnüren. Manchmal gab es größere Stoppelfelder auch nur in der Nähe von Hochspannungsleitungen. Die davon ausgehende Gefahren sind uns damals sicherlich nicht bewußt gewesen.

Auch „Knallbüchsen“ haben wir aus einem ausgehöhlten Holunderholzstück selbst gebaut. Mit dem oberen und unteren Ende dieses Rohres wurden Stücke aus Kartoffelscheiben ausgestochen. Wenn man dann mit einem dünnen Holzstab die untere Kartoffelscheibe nach vorne drückte, wurde die vordere mit einem Knall fortgeschleudert. Man konnte auch Schlehen als Geschosse benutzen, doch diese fand man hier selten.
Wir hatten als Kinder noch eine richtige Kirmes erlebt, die natürlich im Krieg sehr schnell ausfiel. Deshalb wurde „Kirmes gespielt“. Die Attraktion, die sich mit einfachen Mittel nachspielen ließ, waren Losbuden. Die Lose wurden selbstgemacht. Preise waren meist überzählige Spielsachen oder Bilderbücher. Manchmal waren beim „Puppenkönig“ in Bonn noch kleine Teile, wie „Vexierbildchen“, zu kaufen, die als Preise besonders beliebt waren. Der Lospreis war von der Qualität der Gewinne abhängig und betrug meist einen Groschen.

Nach der Kirmeszeit im September war im Oktober jeden Abend Rosenkranzandacht. Diese endete meist mit einem Segen, zu dem Messdiener mit Schiffchen und Weihrauchfaß in Erscheinung traten. Das „Doseschwenke“ wurde von den meisten Jungen in dieser Jahreszeit mit Begeisterung gespielt. Unser Weihrauchfaß draußen bestand aus einer leeren Konservendose mit Löchern und einer Drahtschnur zum Schwenken. Glühende Brikettstücke gab es damals in jeder Küche. Um genügend Qualm zu erzeugen, wurden Blätter oder harzreiche Früchte zum Beispiel von Tuja, Eibe oder Wacholder aufgelegt.

Der Heimweg von der Andacht fand ja in der Dunkelheit statt und führte meist als Umweg durch „et Dörp“ also die Brunnenstraße. Diese eignete sich ganz besonders für Streiche, die wir natürlich lustiger als die Betroffenen fanden. Die Brunnenstraße hatte für uns nämlich zwei besondere Vorteile. Zum einem gab es viele niedrigere Häuser mit erreichbaren Fensterläden. „Klingelmäuschen spielen“ war damals mangels Türklingeln nicht möglich. Dafür waren aber die Fensterläden in der richtigen Höhe, um die Bewohner durch kräftiges Klopfen zu erschrecken.

Bick in die Brunnenstraße

Aus der zweiten Besonderheit der Brunnenstraße ergab sich für uns eine Möglichkeit, welche die Betroffene uns wohl mit Recht übelgenommen haben. Denn damals gab es noch keinen Kanal. Die Küchen lagen meist zur Straße hin, der Abfluß der Küchenbecken hatte drinnen keinen Geruchverschluß und endete draußen in der Hauswand über dem Bürgersteig. Nun war die damalige Lederfabrik Gammersbach für ihre Lackleder bekannt. Für die verschiedenen, selbst hergestellten Lacke gab es übrigens Rezepte, welche die Meister in handgeschriebenen Rezeptbüchern hüteten. Eine Zutat dieser Lacke, die im Krieg wohl noch vorhanden war, aber nicht mehr so gebraucht wurde, waren alte Filme. Diese nahmen wir mit in die Andacht und haben sie auf dem Heimweg angezündet und dann in die ins Freie führenden Abflußrohre geschoben. Die glimmenden Filme verbreiteten dann in den Küchen, die damals ja auch gleichzeitig Wohnraum waren, einen beißenden Qualm.

Der Martinszug war uns damals nur aus Erzählungen bekannt. Wir hatten gehört, daß dabei die Laternen „Knollefackele“ waren, also Laternen, die aus ausgehöhlten Futterrüben bestanden, in die ein Gesicht eingeschnitten war. Geeignete Futterrüben waren damals schnell gefunden und präpariert. Diese wurde auf ein Stück von einer alter Bohnenstange gesteckt und die Fackel war fertig. Die Beleuchtung war schwieriger, denn Kerzen waren rar. Manchmal konnten wir aber sogenannte „Hindenburglichter“ organisieren, die bei dem häufigen Stromausfall insbesondere im Luftschutzkeller gebraucht wurden. Diese waren wie ein Teelicht gefertigt, allerdings aus Pappe. Der Docht bestand ebenfalls aus einem Stück Pappe und statt Wachs oder Stearin war eine Fettmasse eingefüllt. Ein Fackelzug machte natürlich nur im Dunkeln Spaß. Nun muß man aber wissen, daß damals wegen der Fliegeralarme absolute Verdunkelungspflicht bestand. Und obwohl die kleine Lichtfunzel in der Rübe vermutlich keine 50 m weit zu sehen war, hat ein Polizist, der aus der Bahnhofswirtschaft kam – der alte Bundesbahnhof hatte eine solche auch noch bis weit nach dem Krieg – einmal unseren kleinen Martinszug gesprengt und leider auch mit seinem Fahrrad einen Zugteilnehmer erwischt, weil dieser nach Zuruf stehen blieb und nicht wie wir anderen weitergelaufen war. Aus Angst hat er alle Namen verraten. Heute unverständlich, wurde aus diesem harmlosen und auch im Krieg ungefährlichen Kinderspiel ein großer Aufstand gemacht mit Vorladung und Vernehmungen bei der Polizei.

Spiele für größere Kindergruppen, bei denen auch Mädchen mitspielten, waren „Räuber und Schandarm“ und ein ähnliches Spiel, das wohl nur an der Bahn gespielt wurde und „Banne“ hieß. Es dauerte oft stundenlang. In der Umgebung des Bundesbahnhofes gab es dort, wo heute der Parkplatz ist, noch einen richtigen Park, in den im Krieg ein Löschteich gebaut wurde. Darin lernten im Sommer viele Kinder das Schwimmen. Auch rechts vor dem Bahnhof war ein dichter Baum- und Strauchbestand, der von uns gerne zum Spielen genutzt wurde. Die genauen Spielregeln des „Bannens“ sind mir aber nicht mehr geläufig und ich habe bisher auch keinen mehr gefunden, der sich noch erinnern konnte.

Auch im allgemeinen Sprachgebrauch gab es damals eine Dreiteilung des Ortes, die sehr häufig auch die Spielgruppen trennte, wenn nicht auf dem Schulhof gespielt wurde. Da waren die Kinder von „der Bahn“ , also der Bonner Straße mit Nebenstraßen, die aus dem „Dörp“, also der Brunnenstraße, und den Kindern aus dem „Ovvedörp“ (Oberdorf), also alle, die oberhalb der Brunnenstraße wohnten.

Ein Spiel mit Geld, das weder von den Eltern noch von den Lehrern gern gesehen wurde, war das „Trimpele“. Ich konnte die Herkunft des Wortes nicht ermitteln. Am Spiel teilnehmen konnten nur, wer Geldmünzen hatte, und das waren längst nicht alle. Vor einer Wand wurde auf dem Boden ein kleiner Halbmond eingezeichnet. Dann versuchte jeder, aus einem vorgegebenen Abstand, die eigene Münze möglichst in den Halbmond zu schleudern. Wessen Geldstück am besten positioniert war, durfte alle Münzen aufnehmen. Diese mußten dann von der Innenhand auf den Handrücken geschleudert werden. Was darauf liegen blieb, mußte man in die Luft schleudern und auffangen. Es gehörte einem, was man fangen konnte. Mit den heruntergefallenen Münzen bekam der Zweite seine Gewinnchance. Ein „Trimpelspezialist“ war der früh verstorbene „Pinsdorfs Hein“.

Ein von Jungen und Mädchen gespieltes Spiel war „Kniggele“, also das Spielen mit Murmeln aus Glas oder gebranntem Ton. In anderen Orten unseres Sprachraumes sagt man auch „Knippen“, was sich von dem hochdeutschen Wort „kneifen“ ableitet. Vermutlich wurde daraus durch Lautverschiebung bei uns das „Kniggele“. Es gab unterschiedliche Spielarten, z.B. das Wegschnippen der fremdem Murmel, die dann oft auch der Preis war. Damit die „Kniggele“ gut rollten, wurde zuvor eine Spielbahn durch Glattstreichen des Bodens und durch Kehren präpariert.

Wenn im Sommer nicht in der Nähe der Wohnung oder der Umgebung des Brunnens gespielt wurde, wo damals noch jeder kostenlos Mineralwasser trinken durfte, wurden Getränke mitgenommen. Gekaufte Getränke waren nicht üblich. Deshalb wurde „Letschekoochewasser“ statt Limonade selber gemacht. Manche sagten dazu auch „Koletschwasser“. „Koletsch“ ist vermutlich die Dialektumformung von Lakritz, und der häufiger gebrauchte Ausdruck „Letschekooche“ dann die Umformung in Verbindung mit dem Wort „Kooche“, also Kuchen. Lakritz gab es damals – wenn es ihn überhaupt gab – wie heute noch oft in Schneckenform. Lakritzstücke wurden der in einer Flasche mit Wasser geschüttelt, bis eine trinkbare Flüssigkeit entstanden war. Auch eine sprudelnde Limonade wurde aus Wasser, Zucker, Essig und Natron selbst hergestellt.

Es wäre schön, wenn jemand animiert würde, nach alten Fotos zu stöbern, auf denen Spiele noch zu sehen sind, oder aber auch über andere, heute nicht mehr übliche Spiele berichten könnte.