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Kräutersegnung an Mariä Himmelfahrt

Der "Kruggweusch" ist wieder aktuell!

Beifuß, der traditionelle "Kruggweusch" des Vorgebirges

Der Brauch der Kräutersegnung am Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel am 15. August wurde in Roisdorf erstmals im Jahre 1994 nach mehreren Jahrzehnten wieder gepflegt - dies auf Initiative des Liturgieausschusses des Pfarrgemeinderats und der Heimatfreunde Roisdorf. Wann es den Brauch zuvor zum letzten Mal hier gegeben hatte, war nicht sicher zu ermitteln. Immerhin konnten sich noch viele der älteren Gemeindemitglieder daran erinnern, dass man in ihrer Jugend den sog. „Kruggweusch“, also ein Kräuterbündel mit zur Messe brachte, um es dort segnen zu lassen und es getrocknet im folgenden Jahr zu Hause aufzubewahren. In anderen Pfarrgemeinden ringsum war dieser Brauch weitergepflegt worden.

Nun sollte man einen Brauch nur dann wiederzubeleben versuchen, wenn er auch in unserer heutigen Zeit einen guten Sinn hat. Alles andere wäre allenfalls eine nette museale oder nostalgische Spielerei. Dazu muss man sich natürlich zunächst einmal klar darüber werden, welche Bedeutung der Brauch in früheren Zeiten hatte.

Sammeln der Kräuter

Bei der Kräutersegnung handelt es sich um einen Brauch, der bis in graue Vorzeit hineinreicht und durchaus noch vorchristliche Wurzeln hat. Zu allen Zeiten haben die Menschen das Bedürfnis verspürt, Gott - unter welchen Gestalten sie ihn auch immer verehrten - dafür zu danken, dass er ihnen mit den Kräutern der Felder, Wiesen und Wälder Mittel gegen die vielen bedrohlichen Krankheiten gegeben hatte. Gleichzeitig versuchte man, mit dem Segen der Gottheiten die heilende Kraft der Kräuter, von der man durchaus magische Vorstellungen hatte, zu stärken. Dies taten zum Beispiel auch die alten Germanen, die die einzelnen Heilkräuter unter den besonderen Schutz von bestimmten Göttern stellten.

Segnung der Kräuter in der Pfarrkirche Roisdorf

Diese Bedürfnisse nahm die Kirche, als sie den Heiden im frühen Mittelalter das Wort Gottes verkündete und sie zum christlichen Glauben bekehrte, durchaus ernst. Anstatt die Bräuche, die sich um die Heilkräuter rankten, einfach als Teufelswerk zu beseitigen, gab man ihnen eine neue, christliche Form: Es entstand die Segnung der Kräuter am Tag des Festes Mariä Himmelfahrt, an 15. August, also in der Zeit, in der viele der wichtigsten Heilkräuter gesammelt wurden. Die vom Priester gesegneten und in den Häusern aufbewahrten Kräuter wurden zur Abwehr von Krankheiten oder bedrohlichen Situationen wie Unwettern benutzt - etwa, indem man Kräuterbüsche bei Gewittern verbrannte, so dass der würzige Rauch das ganze Haus durchzog und man dabei darum betete, dass der Blitz nicht in das Haus einschlagen möge.

Aufnahme Mariens in den Himmel nach Friedrich Overbeck im Dom zu Köln

Das Fest Mariä Himmelfahrt und der Brauch der Kräutersegnung wurden durch fromme Legenden miteinander verbunden. So erzählte man sich, dass, als die Gottesmutter gestorben war und die Apostel das Grab drei Tage später besuchten, sie das Grab leer auffanden - Maria war mit Seele und Leib in den Himmel aufgenommen worden -, aber doch angefüllt mit Rosen und Lilien, und dass die Umgebung erfüllt war mit dem Duft von vielen dort wachsenden Heilkräutern. Hier spielen natürlich auch alte Symbole für die Gottesmutter eine Rolle, wurde diese doch mit der Braut des Hohen Liedes König Salomos identifiziert, die sich selbst als "Blume auf den Wiesen des Scharon, eine Lilie der Täler" bezeichnet.

Dass der Brauch der Kräutersegnung bei uns in den vergangenen Jahrzehnten vernachlässigt worden war, dürfte vor allem daran liegen, dass für die modernen Menschen die Heilkräuter nicht mehr so wichtig waren, wie für ihre Vorfahren. Immerhin hat die Medizin uns eine Fülle von wirkungsvollen Medikamenten beschert, die die Heilkräuter überflüssig zu machen schienen. In den letzten Jahren jedoch war der Glaube an die Überlegenheit der modernen Medikamente in mehr und mehr ins Wanken geraten, ebenso wie der gesamte Glaube daran, dass mit Naturwissenschaft und Technik alle Probleme der Menschheit in den Griff zu bekommen seien. Zunehmend erkennen wir die Grenzen, die der menschlichen Wissenschaft gesetzt sind.

Dies hat zu einer Rückbesinnung auch auf die Kräfte der Heilkräuter geführt. Man bevorzugt bei Medikamenten solche Präparate, die natürliche Substanzen, wie sie auch in Heilkräutern vorkommen, enthalten. Bücher, die sich mit Heilkräutern und ihrer Anwendung beschäftigen, finden regen Absatz. Allenthalben werden von Bildungseinrichtungen Kurse über das Heilen mit Kräutern angeboten. Natürlich sollte man nun nicht in das Gegenteil dessen verfallen, was man in den vergangenen Jahrzehnten geglaubt hat, und sich nur noch auf Kräuter zu verlassen. Dies könnte böse Folgen für die Gesundheit haben. Doch ist es sicherlich sinnvoll, die modernen Medikamente durch Heilkräuter zu ergänzen und zu unterstützen.

Im Zeichen einer wiedergefundenen Wertschätzung von Heilkräutern erscheint es durchaus sinnvoll, den Brauch der Kräutersegnung wieder zu pflegen. Dies freilich ohne die magischen Vorstellungen unserer Vorfahren - zur Abwehr von Blitzschlag ist ein Blitzableiter sinnvoller als das Verbrennen von Kräutern. Wenn die Kräuter im Festgottesdienst von Mariä Himmelfahrt gesegnet werden, so soll dies der Dank an Gott für die Kräuter mit ihren heilenden Kräften sein, die als Sinnbilder stehen für das gesamte Heil, das Gott uns schenkt, auch als Dank an Maria, die ja, indem sie sich dafür entschieden hat, die Mutter Gottes zu werden, dem Heil in der Person von Jesus Christus den Weg in unsere irdische Welt bereitet hat.

Kräuterbündel werden an die Teilnehmer der Hl. Messe verteilt

In jedem Jahr sammeln die Mitglieder der Heimatfreunde Roisdorf die erforderlichen Kräuter und Blumen, um jedem Teilnehmer der Messe einem schönen Kräuterbusch zukommen lassen zu können. War die Wiederbelebung der Kräutersegnung im Jahre 1994 zunächst nur ein Versuch, so hat der Brauch längst wieder seinen festen Platz im Roisdorfer Gemeindeleben eingenommen.

Erleben Sie die Kräuterweihe in der Hl. Messe zum Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel, in aller Regel jeweils am 15. August, um 18.00 Uhr in der Roisdorfer Pfarrkirche!

Hier weitere Hintergrundinformationen zum "Kruggweusch"-Brauch von Alois Döring

Kräutersammlung der Heimatfreunde 2013

Roisdorfer Madonna mit "Kruggweusch"

Welche Pflanzen gehören in ein Kräuterbündel?

Auf jeden Fall der Beifuß, der im Vorgebirge als „Kruggweusch“ bekannt ist, also allein für das Kräuterbündel steht. Daneben sind Johanniskraut, Rainfarn, Schafgarbe, Kamille und Donnerkraut zu nennen, doch können auch Wegwarte, Leinkraut, Minze, Königskerze, Beinwell, Spitzwegerich, Schöllkraut sowie Feldblumen und auch Getreideähren (letztere ebenfalls seit dem 5. Jahrhundert als Mariensymbol fassbar) hinzugefügt werden. Hier gibt es – zumindest im Vorgebirge – keine strenge Begrenzung.

Bei der Zahl im Bündel vertretenen Kräuter wird vielerorts auf symbolische "heilige Zahlen" geachtet, also etwa auf die Drei (Hinweis auf die Dreifaltigkeit), die Sieben (Sakramente, Gaben des Hl. Geistes), die Zwölf (Apostel, Stämme Israels) bzw. deren Vervielfachung, doch sollte man auch dies nicht allzu zu eng sehen.

Beifuß (Artemisia vulgaris)

Bei uns im Vorgebirge zwischen Bonn und Köln gehört ganz wesentlich der Beifuß in das Kräuterbündel hinein, der mancherorts sogar allein das Kräuterbündel bildet und daher auch "Kruggweusch" genannt wird.

Das Kraut, das man überall an Wegrändern und Böschungen, auf nährstoffreichen Sand- und Lehmböden findet, soll nicht nur gegen allerlei Verdauungsstörungen helfen, sondern auch gegen wehe Fuße, weshalb man es in früheren Zeiten in den Schuhen, also "bei Fuß" trug.

Johanniskraut (Hypericum perforatum)

Das Kraut, das an Feld-, Wald- und Wegrändern wächst, und auch als "Unser Frauen Bettstroh" bekannt ist, erhielt seinen Namen nach der Legende, dass es aus dem Blut des abgeschlagenen Hauptes des Johannes des Täufers entstand. Tatsächlich färbt sich die gelbe Blüte, zerreibt man sie zwischen den Fingern, blutrot.

Rainfarn (Chrysantemum vulgare)

An Wegrainen wächst, wie der Name schon sagt, der Rainfarn, dessen Blätter in der Tat dem Farn ähneln. Es ist leicht giftig. Mit ihm wurden früher Würmer vertrieben, sein penetranter Geruch hält Insekten fern. Wegen der markanten Form seiner Blüten bezeichnet man es auch als "Krageknöpp".

Schafgarbe (Achillea millefolium)

Das auf Wiesen, sonnigen Abhängen und Acker- und Wegrändern wachsende, weißblühende Kraut gilt als entzündungshemmend und blutstillend. In Frankreich legt man Blätter der Schafgarbe Kindern auf die Augen, damit sie friedlichen Schlaf und gute Träume haben.

Kamille (Matricaria charmola)

Die echte ist durch ihren intensiven Geruch von den zahlreichen unechten Kamillearten zu unterscheiden. Als Tee lindert die Kamille, eine der wertvollsten und vielseitigsten Heilpflanzen, Entzündungen und ist daher Bestandteil vieler Teemischungen.

Donnerkraut (Origanum vulgare)

Das Donnerkraut, das trockene Hänge, magere Wiesen, Waldränder und Feldraine liebt, soll krampflösend und appetitanregend sein - ein naher Verwandter des Majoran und wie er als Gewürz, etwa auf der Pizza, zu verwenden. Bei den Germanen war das Donnerkraut dem Gott Donar geweiht, wurde als Schutz vor Blitzeinschlag auf Hausdächern angebaut. Zusammen mit wildem Thymian, Johanniskraut und echtem Labkraut gilt es als "Marienbettstroh", soll doch Maria auf der Flucht nach Ägypten aus diesen Kräutern dem Jesuskind ein wohlriechendes Bett bereitet haben.

Baldrian (Valeriana officinalis)

Überall in feuchten Gebüschen, Wiesen und Gräben trifft man auf hohe Stauden des Baldrian, dem eine krampflösende und beruhigende Wirkung zugeschrieben wird. Hier war es der germanische Gott Baldur, der der Pflanze den Namen gab.

Wasserminze (Mentha aquaria)

Schärfer als die kultivierte Pfefferminze riecht und schmeckt die an Wasserläufen und in feuchten Wiesengründen anzutreffende Wasserminze, nicht nur bei Krämpfen und Magenverstimmungen, sondern auch bei Kopf und Ohrenschmerzen gute Dienste leisten soll.

Sauerampfer (Rumex acetosa)

Die frischen Blätter des Sauerampfers, der ebenfalls auf feuchten Wiesen, aber auch allerorten an Wegrändern und Böschungen anzutreffen ist, eignen sich dem Vernehmen nach ebenso zu Wildsalaten wie zur Heilung von Hauterkrankungen.

Goldrute (Solildago canadiensis)

Erst vor wenigen Jahrzehnten aus Nordamerika eingewandert ist die Kanadische Goldrute, die nicht nur wegen ihrer leuchtend gelben Blüten für das Kräuterbündel geeignet erscheint, sondern auch wegen ihrer Heilwirkung: Sie soll von Indianern zum Heilen von Schlangenbissen verwendet werden.

Schmalblättriges Weidenröschen (Chamaenerion angustifolium)

Eher als Gemüse, denn als Heilmittel, sollen sich die jungen Stocksprossen des schmalblättrigen Weidenröschens eignen, das auf trockenen Hängen und Wiesen zu finden ist. Wegen der zarten, silbernen, fadenartigen Samen wird es auch "Muttergotteshaar" genannt.

Brombeere (Rubus fructicosus)

In lichten Wäldern, Kahlschlägen und Brachflächen breiten sich die stachligen Sträucher der Brombeere aus, deren aromatische schwarze Früchte sich vortrefflich für Marmeladen eignen, dessen Blätter aber auch getrocknet bzw. als Tee aufgegossen als Gurgelmittel bei Halsentzündungen, Erkältung, Heiserkeit sowie als Blutreinigungsmittel empfohlen werden.

Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)

Auch die stattlichen Büsche des Schwarzen Holunders siedeln sich gerne auf Brachflächen an. Die als Tee verwendeten Blüten gelten als schweißtreibend bei fiebrigen Erkältungen sowie als blutreinigend. Aus den schwarzen Früchten - in Rohzustand leicht giftig - bereitet man einen Sirup zu, der bei Bronchialkatarrhen verabreicht wird. Bei den Häusern wachsend war bei den Germanen der Holunderstrauch der schützenden Hausgöttin Frau Holle geweiht, was seinen Namen erklärt.

Kruggweusch - auch getrocknet noch segensreich zudem dekorativ

Neben den genannten Pflanzen können auch Echter Nelkenwurz (Geum urbanum), Knopfkraut (Galinsoga parviflora Cass.), Gemeiner Beinwell (Symphytum officinale), Leinkraut (Linaria vulgaris), Spitzwegerich (Plantago lanceolata), Großes Schöllkraut (Chelidonium majus), Wegwarte (Chichorium intibus), Königskerze (Verbascum phlomoides) genommen werden. Gerade letztere gehört in manchen Gegenden ganz unverzichtbar hinzu. Aber auch Gartenkräuter wie Salbei, Zitronenmelisse und Pfefferminze sowie Blumen wie Ringel- oder Sonnenblumen sind keineswegs verboten.

Hüten sollte man sich indes davor, die genannten Pflanzen ohne Anleitung zu Heilzwecken zu benutzen. Dies könnte oft eher schaden als helfen. Man wende sich hierzu lieber an den Arzt oder Apotheker seines Vertrauens.