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Beethovens Flügel in Roisdorf

Das sensationelle Schaustück des Bahnhofswirts

Stele zum Beethoven-Jubiläum im Roisdorfer Brunnenpark

BTHVN2020

Dieses Kürzel steht das Bonner Beethovenfest des Jahres 2020, das ein ganz Besonderes sein sollte, galt es doch, den 250. Geburtstag des am 17. Dezember 1770 in Bonn getauften Ludwig van Beethoven, und zwar mit einem umfangreichen Programm mit Konzerten aller Art, mit Ausstellungen und weiteren kreativen Events – dies nicht nur in der Stadt selbst, sondern auch im Umland, unter anderem auch in Roisdorf. Das meiste davon musste corona-bedingt leider ausfallen, auch das in Roisdorf geplante.

Der junge Beethoven 1801

Dabei gibt es tatsächlich eine Verbindung von Beethoven zu Roisdorf bzw. seinem Mineralbrunnen: Wie der Bonner Bäckermeister Fischer im Jahre 1838 über den einst in seiner Nachbarschaft wohnenden Sänger am kurfürstlichen Hof Johann van Beethoven berichtete, begleiteten dieser, seiner Frau Maria Magdalena oder auch sein Sohn Ludwig auswärtigen Besuch bei Spaziergängen und Ausflügen:

Früheste Ansicht des Brunnens, ca. 1824

Mit Ausnahme von den Ausflügen nach Bonn bestellte Mi Frau immer einen Wagen und dann fuhren sie zum Kreuzberg, besuchten das Jagdschloss in Röttgen, das Kurfürst Clemens August erbauen ließ, das Brühler Schloss oder fuhren nach Roßdorf an den sauren Brunnen und nach Godesberg.“

Die Familie Beethoven, und damit auch der kleine Ludwig, war in den 1780er Jahren also wohl bisweilen Besucher des erst jüngst 1774 in seiner gesundheitsfördernden Wirkung beschriebenen und zum beliebten Ausflugsziel von erholungssuchenden Städtern sich entwickelnden Roisdorfer Mineralbrunnens - Grund genug für die Aufstellung der Stele dort zum Beethovenjubiläum 2020. Beethoven wusste übrigens zeitlebens die gesundheitsfördernde Wirkung der Mineralbrunnen zu schätzen. So suchte er später immer wieder die Heilbäder in der Nähe von Wien und im Böhmischen Bäderdreieck auf.

Klebebild von der Enthüllung des Beethovendenkmals

Aber es gibt noch einen weiteren Bezug Beethovens zu Roisdorf, der allerdings nichts mit einer persönlichen Anwesenheit des großen Komponisten hier zu tun hat, und zwar im Zusammenhang mit dem ersten Bonner Beethovenfest, mit dem man im August 1845 den 75. Geburtstag des bereits im Jahre 1827 verstorbenen großen Komponisten beging.

Dieses Fest wurde ebenfalls mit den verschiedensten Konzerten und Feiern begangen, deren Höhepunkt gewiss die Enthüllung des neu geschaffenen Beethovendenkmals auf dem Bonner Münsterplatz war, dies in Gegenwart der höchster Gäste wie des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV., der britischen Queen Victoria, der Komponisten Franz Liszt, Louis Spohr und Hector Berlioz sowie auch des Gelehrten Alexander von Humboldt. Begleitet wurde die Enthüllung von einer eigens komponierten Kantate, zu der übrigens der damals bekannte Dichter Wilhelm Smets, vormaliger Herseler Pastor, den Text verfasst hatte. Das Fest verlief, den zeitgenössischen Berichten zufolge, in mancher Hinsicht etwas chaotisch: So waren etwa der auf dem Balkon des Fürstenbergschen Palais, des heutigen Gebäudes der Hauptpost stehende König und gewiss auch Queen Victoria "not amused", dass ihnen die enthüllte Statue Beethovens den Rücken zukehrte - eine Anekdote, die bis heute vielen Bonnern bekannt ist.

Dem großen Ereignis wurden von der lokalen Presse eigene Beilagen gewidmet, in denen auf die zahlreichen Veranstaltungen und auf für die Gäste interessante Angebote Bonner Gastronomen und Händler hingewiesen wurde. So ist in einer Beilage zum Bonner Wochenblatt vom 9. August zu lesen:

Station Roisdorf. Einem verehrlichen reisenden Publikum empfehle ich bei dem Beethoven-Feste meine Restauration und Gastwirtschaft bestens und mache zugleich die Anzeige, daß für diese Tage nur noch einige Zimmer frei sind. P. Nonnen.“

Der hier für seinen Gasthof warb, war ein gewisser Paul Nonnen, der seit der Eröffnung der Roisdorfer Station der neuen Bonn-Cölner-Eisenbahn im Jahr zuvor die Restauration in dem südlich des Bahnhofs gelegenen Gebäudes betrieb. Hier an der Bonner Landstraße hatte es zuvor das gräfliche Weinhaus „Auf dem Sande“ gegeben, das in den 1790er Jahren mittels der Brunnenallee mit dem Mineralbrunnen verbunden worden war. Der Gasthof Nonnens war in der Tat als Unterkunft für die Festgäste sehr geeignet, schließlich war er bequem zu erreichen, da man für die zahlreichen Besucher des Beethovenfestes aus Köln sechs Fahrten täglich von Bonn nach Köln und zurück mit Halt in Roisdorf anbot.

Aber Nonnen hatte noch weit mehr zu bieten als Fremdenzimmer, und das ist das für Roisdorf eigentlich Interessante: In der Beilage des Bonner Wochenblatts vom 10. August 1845, ebenso am selben Tag in der Kölnischen Zeitung, schaltete er eine Anzeige mit der Überschrift Ludwig van Beethoven’s Flügel“:

„Der vom Herrn Grafen von Wallenstein im Auftrage und auf Befehl seines Oheims, des damaligen Churfürsten von Bonn Max Franz, zu Mainz für Ludwig v. Beethoven gekaufte fünfoktavige Flügel, worauf derselbe alle Hof-Conzerte sowohl in Bonn, wie in Godesberg gespielt, steht im Saale meines, neben dem hiesigen Stationsgebäude befindlichen Gasthofes, gegen fünf Sgr. Entree währen acht Tage zu Jedermanns Ansicht. Ein in meinen Händen befindliches Zeugnis beurkundet die Aechtheit desselben. Der Eigenthümer bezweckt, ihn einer öffentlichen Versteigerung später auszusetzen. Station Roisdorf, 9. August 1845, Paul Nonnen, Gastwirth“

Graf Waldstein (1763-1823)

Ein authentischer Flügel, auf dem der große Ludwig van Beethoven gespielt hatte, in Roisdorf! In der Tat eine kleine Sensation. Ein Flügel aus der Zeit um 1790, in der der junge Ludwig als Mitglied der kurfürstlichen Hofkapelle in der Residenzstadt Bonn und darüber hinaus sich einen Namen als Klaviervirtuose machte. Bei dem in der Anzeige genannten „Grafen Wallenstein“, der in der Kölner Anzeige Nonnens als "Graf Wallerstein" erscheint, handelt es sich in Wirklichkeit um den aus Wien stammenden Ferdinand Ernst Graf von Waldstein-Wartenberg, der Ludwigs Ausnahmetalent erkannt hatte und sein besonderer Förderer war, ihm also offenbar auch seinen ersten Konzertflügel zur Verfügung gestellt hatte. Graf Waldstein, anders als von Nonnen behauptet in Wirklichkeit kein Neffe von Kurfürst Max Franz, war es auch, der ihm 1792 einen Studienaufenthalt in Wien bei Josef Haydn organisierte - aus Bonner Sicht gewiss ein Fehler, da Beethoven fortan in Wien verbleiben und nie mehr zurückkehren sollte.

Hammerflügel von 1817 im Beethovenhaus

Dass Graf Waldstein für Beethoven einen Flügel in Mainz erwarb, erscheint durchaus glaubhaft. Wem der Flügel, den Nonnen nun eine Zeitlang ausstellte, indes im Jahre 1845 gehörte, ob gar ihm selbst oder jemand anderem, bleibt unbekannt, ebenso, ob es zu der angekündigten Versteigerung kam. In den kommenden Monaten jedenfalls kündigte Nonnen keine Versteigerung an. Lediglich für die Roisdorfer Kirmes am 21. bis 23. September, bei der er "extra table d'hote, Nachmittags Harmonie und Abends Ball" anbot, und für die die Bonn-Cölner-Eisenbahn Extrafahrten einrichtete, warb er im Bonner Wochenblatt. Wo der prominente Flügel also weiter verblieb, ist nicht bezeugt. Der heute im Bonner Beethoven-Haus ausgestellte Hammerflügel aus englischer Produktion, auf dem Beethoven spielte, ist auf jeden Fall ein jüngerer.

Hotel des Heribert Rech

Trotz der spektakulären Werbemaßnahme sollte Nonnen kein Glück mit seinem Gasthof bei der Roisdorfer Eisenbahn-Station haben. Die zunächst erfolgversprechenden Anstrengungen des Bornheimer Bürgermeisters Gerhard von Carnap, Roisdorf zu einem florierenden Kurort zu machen, schwächelten damals bereits, woran auch die neue Bahnstation, die ja Kurgäste zum von ihm betriebenen Mineralbrunnen bringen sollte, nichts zu ändern vermochte.

Die Zukunft Roisdorfs fiel weniger „glänzend“ aus, als dies Ernst Moritz Arndt damals prophezeite. Bereits zwei Jahre später, 1847, kam es gar zur Zwangsversteigerung des Stationsgebäudes und der Nebengebäude. Nonnen musste Roisdorf verlassen. Seinen Gasthof erwarb der aus Alfter-Olsdorf stammende Heribert Rech, der damit, wie sein Verwandter, Ortsvorsteher Wilhelm Rech, später in seiner Dorfchronik mitteilte, durchaus gute Geschäfte gemacht haben soll. Davon, dass es hier einmal einen Flügel Beethovens gegeben hatte, wussten spätere Bahnhofswirte nichts mehr.