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Wie spricht man Roisdorf korrekt aus? Teil 1: Von den Anfängen bis ins späte Mittelalter Teil 2: Von der frühen Neuzeit bis ins 19. Jh. Teil 3: 20. Jahrhundert bis heute Kurze Geschichte in Reimform Die erste urkundliche Erwähnung Roisdorf unterm Hakenkreuz Roisdorf in der Bundesrepublik Deutschland

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Teil 3: 20. Jahrhundert bis heute

Gemüseversteigerung

Obst- und Gemüseversteigerung, ca. 1935

Im 20. Jahrhundert wurde die in der Landwirtschaft arbeitende Bevölkerung zu immer rationelleren Methoden des Anbaus und der Vermarktung gezwungen. Zeichen für diesen Prozess war die Einrichtung einer Obst- und Gemüseversteigerung in Roisdorf, das mit seiner Bahnstation hierzu die Voraussetzungen bot. Um die Position der Erzeuger zu stärken, entschloss man sich zu einer genossenschaftlichen Vermarktung. Die Gründung der Versteigerung erfolgte 1920. Neun Jahre später wurde ein Teil der heutigen Anlagen errichtet und der Verkauf mittels einer elektrischen Uhr eingeführt. Es wurden und werden dort nicht nur Erzeugnisse des Vorgebirges hier umgeschlagen, sondern auch solche aus der gesamten Region. Eine starke räumliche Expansion der Versteigerungsanlagen erfolgte in der Nachkriegszeit (Kühlhäuser, Lagerhallen, Händlertribüne, Verwaltungsgebäude). Aus der Versteigerung wurde unter ständiger Erweiterung um modernste Kühlhallen der Centralmarkt Bonn-Roisdorf.

Vereinsleben

Schützenbruderschaft, ca. 1919

Bereits seit Mitte des 19. Jhs. entwickelte sich ein reges geistliches und weltliches Vereinsleben in Roisdorf. Der Schützenverein St. Sebastianus gründete sich im Revolutionsjahr 1848 angesichts der Nachrichten von Unruhen auch im nahen Bonn. Das kirchliche Vereinsleben lebte mit der Gründung der Pfarrei auf. Bereits ein vorher, 1890, wurde der Kirchenchor „Cäcilia“ gegründet. Die Freiwillig Feuerwehr fand sich im Jahre 1903 zusammen. Kirchliche und weltliche Turn- und Sportvereine gab es seit den 20-er Jahren. Unter anderem gründeten sich 1932 der TuS (Turn- und Sportverein) Roisdorf und 1923 der Mandolinenclub, heute Musikfreunde Roisdorf.

Weltkriege und Zwischenkriegszeit

Schottische Besatzungssoldaten vor dem Bahnhof, ca. 1923

Not und Wirren des Ersten Weltkriegs sowie der folgenden Besatzungszeit mit Separatistenunruhen und Inflation sowie die Zeit des Nationalsozialismus trafen die Roisdorfer ebenso wie die übrigen Rheinländer. Immerhin nahm der Ort in den 1920er und 1930er Jahren einen langsamen wirtschaftlichen Aufschwung. Im Zweiten Weltkrieg blieb der Ort weitgehend unzerstört. Es mussten jedoch 132 junge Roisdorfer als Soldaten ihr Leben lassen, 10 Männer, Frauen und Kinder kamen bei alliierten Luftangriffen und deutschem Flakbeschuss um. Acht Angehörige jüdischer Roisdorfer Familien wurden in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft umgebracht.

Nachkriegsentwicklung

Nach Zweiten Weltkrieg und entbehrungsreicher unmittelbarer Nachkriegszeit erholten sich Gewerbe und Handwerk rasch, während die Landwirtschaft immer mehr an Bedeutung einbüßte. Einen bedeutenden Aufschwung von Handel und Gewerbe brachte seit der Jahrtausendwende indes der Ausbau des Gewerbegebiets "Bornheim-Süd", auf dem sich in der Ebene östlich des Ortes, in unmittelbarer Nähe des neuen Autobahnanschlusses, etliche Großbetriebe und Handelszentren wie die Firmen "Bauhaus" und "Porta" ansiedelten - ein Gebiet, das ständig expandiert.

Neue Menschen strömten nach dem Krieg nach Roisdorf. Für Vertriebene aus dem deutschen Osten wurde damals z.B. ein eigenes kleines Dörfchen "Mörnerstraße" am Rande von Roisdorf erbaut, heute von der weiterwachsenden Besiedlung längst eingeholt und eingekreist. Die Nähe der Bundeshauptstadt Bonn löste einen ähnlich weitreichenden Wachstums- und Wandlungsprozess aus wie im 19. Jahrhundert. Roisdorf wurde insbesondere seit den 1960er Jahren immer mehr zum Wohnort für in Bonn und seinem Umland beschäftigte Menschen.

Wohnen

„Wohnpark Wolfsburg“, Anfang 1980er Jahre

Die neue Gemeinde Bornheim bildete sich 1969 unter Zusammenschluss des Amtes Bornheim und der Gemeinden Bornheim, Hersel und Sechtem. Im Jahre 1976 wurde aus der Gemeinde die "Stadt Bornheim". Damals wies man dem Bereich zwischen Roisdorf und Bornheim, der bislang völlig landwirtschaftlich genutzt wurde, eine Zentralfunktion zu. Es entstanden das neue Rathaus weiträumige Wohnsiedlungen und Altenheime. Der dadurch beschleunigte Prozess einer allmählichen Verstädterung Roisdorfs setzt sich bis heute ungebrochen fort: Große Bereiche am Rande und im Herzen des Dorfes wurden in den 1970er bis 1990er Jahren für die Bebauung mit Wohnhäusern bestimmt - nicht immer mit der gebotenen Sensibilität für das historisch gewachsene Ortsbild mit seinen zwischen den Siedlungsbereichen gelegenen Freiräumen. An einigen Stellen ignorierte man die mit zu sehr verdichteter Bebauung verbundenen sozialer Probleme.

Neue Bauten

Pfarrkirche St. Sebastian, Anfang 1980er Jahre

Als Beispiel für bedenkliche bauliche Veränderungen in Roisdorf sei die Pfarrkirche angeführt. Noch keine 100 Jahre alt, wies sie, wie bei einer Renovierung 1969 bemerkt wurde, im Gewölbebereich bedenkliche Risse auf, die auf eine unzureichende Fundamentierung des Baus zurückzuführen waren. Massiver Druck seitens der kirchlichen Behörden wurde ausgeübt, statt einer aufwendigen Wiederherstellung eine neue Kirche zu errichten. Der damalige Pfarrer war ebenfalls für einen Neubau, die Gemeinde vermochte sich dem nicht zu verschließen. Die neue Kirche St. Sebastianus wurde so an anderer Stelle geplant und bis 1974 errichtet, dies unter Preisgabe des historischen Gehöfts Clarenhof. Die alte Kirche stand ruinös, bevor 1980 das Kirchenschiff abgebrochen wurde. Lediglich den Turmbau beließ man und ergänzte ihn in romanisierenden Formen. Auch andere historische Bauten, wie der Sterffelshof, der alte Bahnhof und die Dorfschule wurden damals dem Abriss preisgegeben.

Doch Jammern nutzt nichts: Es bleibt die Aufgabe - und immer mehr Menschen scheinen diese zu begreifen -, mit der historischen Bausubstanz des Ortes künftig sensibler umzugehen.

Erholung

Heimatblick, 1950er Jahre

Wie auch das übrige Vorgebirge entwickelte sich Roisdorf in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur zum Arbeiten und Wohnen zu einem wichtigen Ort für die Naherholung. Die Vorgebirgshöhen und der waldreiche Villerücken mit seinen kulturhistorischen Denkmälern wie der "Kamelleboom" und dem "Eisernen Mann" und dem "Friedensweg" laden zu ausgedehnten Spaziergängen ein.

In der Nachkriegszeit wurde an der Grenze zwischen Alfter und Roisdorf, auf der höchsten Erhebung des Vorgebirges mit dem sog. "Heimatblick" ein Ausflugslokal eingerichtet, von dem man einen prachtvollen Blick auf die Rheinebene mit Bonn und dem Siebengebirge genießen konnte. Zu dem jahrzehntelangen Erfolg dieses Lokals trug nicht zuletzt die Erfindung des aus einheimischen Brombeeren gekelterten, dort ganz besonders mundenden „Rebellenbluts“ bei. Leider musste der Heimatblick im Herbst 2009 seinen Betrieb einstellen. Immerhin haben die neuen Besitzer des Geländes angekündigt, dort ein Café einzurichten - von dem zu hoffen ist, dass es eines mit "Heimatblick" sein wird.

Landschaftsschutz

Bedrohter Vorgebirgshang, Anfang 1980er Jahre

Eine Bedrohung für die Landschaft des Vorgebirges, vor allem für den Bereich oberhalb von Brenig, Botzdorf und Roisdorf, stellte über Jahrzehnte die geplante großflächige Förderung des dort lagernden weißen Quarzssandes dar, der für die Roisdorfer des 19. Jhs. ein Segen war, für die heutigen jedoch leicht hätte zum Fluch werden können. Der von engagierten Bürgern getragene Kampf gegen Abbaggerung und Mülldeponierung auf den Vorgebirgshöhen war erfolgreich: In den durch den Abbau von Sand und Kies entstandenen Gruben entwickeln sich heute ökologisch wertvolle, die Landschaft bereichernde Gebiete. Vielen Roisdorfern hat die Bedrohung ihrer heimatlichen Landschaft deren Wert wieder bewusst gemacht. Wachsamkeit gegenüber vergleichbaren Gefährdungen bleibt indes auch künftig wichtig.

Leben in Roisdorf

Heimatfreunde beim Karnevalszug 1999

Arbeiten, Wohnen und Erholen – Roisdorf war und ist ein Ort, an dem es sich gut leben lässt. Nach etlichen Fehlern in der Vergangenheit betont man heute allgemein verstärkt das Bemühen um die Erhaltung eines insgesamt ländlichen Charakters Roisdorfs, das wegen der günstigen Verkehrsanbindung an die benachbarten Städte Köln und Bonn, der zahlreichen Einkaufs-, Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten, der landschaftlich immer noch reizvollen Lage, zu den attraktivsten Wohngegenden im Großraum Köln-Bonn gehört.

Das Roisdorfer Dorfleben kann sich sehen lassen: Große Teile der Bevölkerung engagieren sich bei den vielfältigen Aktivitäten der Ortsvereine und Gruppierungen. Manche Formen des traditionellen kirchlichen und weltlichen Brauchtums wurden in den vergangenen Jahrzehnten im Zeichen einer erneuten Wertschätzung wieder mit Leben erfüllt, neue Formen des gemeinschaftlichen Lebens wurden eingeführt. Einen Höhepunkt im Ortsleben bildet z.B. in jedem Jahr der Karnevalszug, der sich an Weiberfastnacht durch das Dorf windet.

Ausblick

Maikönigspaar mit Gefolge 2013

Was für die Zukunft Roisdorfs und des übrigen Vorgebirges optimistisch stimmt, sind vor allem die Menschen, die hier leben: Traditionsverbundenheit und Offenheit für kulturelle Einflüsse - dies hat die Roisdorfer in der Vergangenheit gekennzeichnet und kennzeichnet sie auch heute. Es ist ihnen zuzutrauen, dass sie sich nicht isolieren, sondern auf die Menschen, die neu nach Roisdorf kommen, zugehen und sie aufnehmen. Ebenso ist zu erwarten, dass sie sich weiterhin für den Erhalt und die Fortentwicklung eines lebens- und liebenswerten Dorfes sowie für die in Jahrtausenden gewachsene Kulturlandschaft des Vorgebirges engagieren.