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Wie spricht man Roisdorf korrekt aus? Teil 1: Von den Anfängen bis ins späte Mittelalter Teil 2: Von der frühen Neuzeit bis ins 19. Jh. Teil 3: 20. Jahrhundert bis heute Kurze Geschichte in Reimform Die erste urkundliche Erwähnung Roisdorf unterm Hakenkreuz Roisdorf in der Bundesrepublik Deutschland

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Die erste urkundliche Erwähnung

Im Jahre 2013 feierte Roisdorf das 900-jährige Jubiläum

Hier finden sie Berichte über das großartige Jubiläumsfest vom 4.-6. Mai 2013

Im Jahr 2013 stand ein großes Ortsjubiläum an: Roisdorf wird 900 Jahre jung! Am ersten Maiwochenende, vom 4. bis 6. Mai, gab es ein umfangreiches Festprogramm - mit Festabend, historischem Markt, Kinderfestzug, nostalgischem Vergnügungspark und weiteren Attraktionen. Seit langer Zeit hatten Vereine, Schule, Kindergärten, Gewerbetreibende und viele Einzelpersonen intensiv auf dieses schöne Ereignis hingearbeitet, damit alle Roisdorfer und ihre Gästen ein großartiges Jubiläumsfest feiern können. Und es ist großartig geworden. Bei "Kaiserwetter" haben jung und alt, Alteingesessene ebenso wie Neubürger, zahlreiche Gäste von nah und fern Roisdorf unser Dorf gefeiert.

Einen Gesamtbericht hierüber sowie Verweise auf Presseberichte gibt es auf den Seiten des Ortsausschusses Roisdorf. Wir könnten das nicht besser machen, daher sei einfach mit einem Link hierauf verwiesen: Für die Zusammenstellung sei dem Ortsausschussvorsitzenden Wolfgang Mertgen ganz herzlich gedankt!

Was aber haben wir im Jahre 2013 gefeiert? Doch gewiss nicht, dass unser Heimatdorf vor 900 Jahren, sprich im Jahre 1113, gegründet worden sei, denn damals dürfte der Ort doch längst bestanden haben. Vielleicht gab es ihn bereits seit der Römerzeit, der Zeit um 100 n. Chr., als man erstmals Münzen des damals regierenden Kaisers in den Schacht der Roisdorfer Mineralquelle warf, oder spätestens seit der sog. fränkischen Landnahmezeit im 5.-7. Jahrhundert, worauf der Name "Roisdorf" hindeutet. Beackert wurde der fruchtbare Vorgebirgshang, an dessen Füßen unser Dorf gelegen ist, jedenfalls schon in vorgeschichtlicher Zeit, lebten und arbeiten hier also vor Tausenden von Jahren bereits Menschen.

Zu feiern aber galt es, dass Roisdorf im besagten Jahre des Herrn 1113 erstmals in einer Urkunde Erwähnung fand, wir also auf 900 Jahre schriftlich dokumentierte Geschichte Roisdorfs zurückblicken können. Die Urkunde mit der Ersterwähnung war eine solche des einstmals begüterten und angesehenen Bonner Stifts Dietkirchen.

Stift Dietkirchen bei Bonn: Ausschnitt aus dem Plan von Matthäus Merian von 1646

Ein Dorf namens Dietkirchen hatte sich in nachrömischer Zeit in den Ruinen des ehemaligen Bonner Legionslagers eingerichtet. Es besaß seinen Mittelpunkt in der dem Apostelfürsten Petrus und Johannes dem Täufer geweihten Kirche. Von dieser, der Seelsorge der Bevölkerung ("Thiet") dienenden Kirche erhielt das Dorf auch seinen Namen. Bei der Kirche siedelten sich im frühen 10. Jahrhundert Benediktinerinnen an, die sich bald kaiserlicher Gunst erfreuen durften, schenkte Kaiser Heinrich II. in den Jahren 1015 und 1021 doch dem Kloster des hl. Petrus zu Bonn, das hier auch als Kloster "Thietkiricha" erscheint, eine Reihe von Besitzungen und stattete er damit die dort unter der Leitung der Äbtissin Adelheid wirkenden Klosterfrauen mit für den Lebensunterhalt notwendigen Ländereien aus.

Stetig konnte das Kloster in der Folgezeit, ab 1483 als freiadliges Damenstift, seine in der näheren und weiteren Umgebung gelegenen Ländereien erweitern, oft durch fromme Stiftungen oder durch die Mitgift der Nonnen bzw. Stiftsdamen. Zu den Ländereien gehörte wohl bereits im 11. Jahrhundert ein ausgedehnter Besitz auf den Höhen des Vorgebirges, oberhalb des an dessen Fuße gelegenen Dörfchens Roisdorf, in der genannten Urkunde von 1113 als "Ruchestorp" bezeichnet wird.

Urkunde von 1113, Landesarchiv NRW Düsseldorf, Bestand Stift Dietkirchen, Sign. AA 0150

Im Jahre 1113 nun ließen sich fünf Männer namens Wolf, Gerhart, Verdun, Azzo und Richezzo sowie sieben Frauen namens Eila, Aluejat, Eueza, Uda, Hizzela, Henda und Regenza „de villa, quae dicitur Ruchestorp“, also „aus dem Dorf, das Roisdorf genannt wird“, bestätigen, dass ein jeder von ihnen, wie schon ihre Väter zuvor, das Recht habe, der Äbtissin von Dietkirchen, alljährlich am Fest Cathedra Petri (18. Januar) zwei Silbermünzen am Petrusaltar der Klosterkirche zu entrichten. Mit der Leistung dieser Abgabe betrauten die genannten Personen einen Mann ihres Vertrauens namens Nantward. Die Angehörigen des Roisdorfer Fronhofverbandes, der hiermit fassbar wird, hatten die Abgabe im Gegenzug zu ihrer Entlassung aus der klösterlichen Leibeigenschaft zu entrichten.

Eine Reihe von geistlichen und weltlichen Zeugen wurde aufgeboten, um die Urkunde, die als „nostrae assertionis kartula“, als „unser Freilassungsbrief“ bezeichnet wird, zu beglaubigen.

Dietkirchener Hof

Man hat die Urkunde nicht immer auf Roisdorf bezogen; vielmehr wurde auch Rauschendorf im Siebengebirge mit „Ruchestorp“ identifiziert. In Rauschendorf gab es jedoch, anders als in Roisdorf, niemals einen zum Kloster Dietkirchen gehörenden Hof und auch aus sprachlichen Gründen scheidet, wie man festgestellt hat, die Identifizierung von "Ruchestorp" mit Rauschendorf aus. Ebenso wurde die Urkunde für den Ort Roggendorf, heute Kierdorf, in Erftstadt reklamiert, wo das Stift Dietkirchen gleichfalls Höfe besaß.

Schriftzug "Ruchestorp" der Urkunde von 1113

Als Datum ihrer Ausfertigung nennt die Urkunde lediglich das Jahr der Menschwerdung des Herrn 1113. Tag und Monat werden nicht mitgeteilt, doch findet sich die Angabe, dass die Ausfertigung im dritten Jahr des Kaisertums Heinrichs V. und im 14. Jahr des Bischofsamtes des Kölner Erzbischof Friedrich I. von Schwarzenburg erfolgte. Da Kaiser Heinrich V. am 13. April 1111 gekrönt und Erzbischof Friedrich I. am 6. Januar 1100 investiert bzw. am 21. März dieses Jahres geweiht wurde, muss die Urkunde nach dem 13. April 1113 ausgefertigt worden sein - und vor dem 25. Dezember, da an Weihnachten damals im Erzstift Köln das neue Jahr 1114 begann.

An dieser Stelle sei die Urkunde im originalen lateinischen Wortlaut und in deutscher Übersetzung wiedergegeben. Für die Genehmigung, beides an dieser Stelle veröffentlichen zu dürfen, gilt ein herzlicher Dank Dr. Horst Bursch, Hildegard Heimig (+) und Hans Meyer (+), den Verfassern der Schrift: "Die Stadt Bornheim. Mittelalterliche Ersterwähnungen der einzelnen Ortschaften, Bornheim 1996", die sich eingehend mit den Ersterwähnungen der Orte der heutigen Stadt Bornheim befasst. Dort wird übrigens auch die Urkunde des Klosters Dietkirchen aus dem selben Jahre 1113 behandelt, der Sechtem seine Ersterwähnung verdankt. Auch in Sechtem beging man das 900-jährige Jubiläum einem großartigen Dorffest.

IN NOMINE SANCTAE ET INDIVIDUAE TRINITATIS

1. Zeile: Notum sit omnibus Christi fidelibus tam futuris quam praesentibus, qualiter nos quinque viri Wolf, Gerhart, Verdun, Azzo, Richezzo et septem feminae

2. Z.: Eila, Aluejat, Eueza, Uda, Hizzela, Henda, Regenza de villa quae dicitur Ruchestorp obtenuimus apud dominam nostram abbatissam.

3. Z.: de Thidenkerche jus quod habuerunt ante nos patres nostri et censum quem jure perpetuo tenendum constituerunt domini nostri qui nos praedictae ecclesiae ad altare sancti Petri

4. Z.: tradiderunt, videlicet ut duos numos in cathedra Sancti Petri ad praedictum altare unusquisque singulis annis persolvat. Super hoc negotii consilio amicorum nostrorum et consensu

5. Z.: dominae nostrae eligimus quendam ex vineis nostris Nantwardu nomine ad hoc opus idoneum qui praedictum censum ab altari suscipiat. Et villico supradictae villae ad supplementum praebendae denariorum repraesentet;

6. Z.: praelocutum ibidem nobisque ac posteris nostris concessum coram dominam nostram fuit. Si ipse morte interveniente defuerit, alium qui nobis placuerit ad hoc liceat

7. Z.: officium eligere. Quod si aliquis inter nos ex viris obierit, de pecudibus quendam melius habuerat, feminae ultra vestis carior de lino ut lana cum additamento VI denariorum

8. Z.: assumatur. Mulier autem si virum supravixerit, libera per annum ad diem sedeat, peracto anno quinque solidos persolvat ad beneficium quod vivente viro tenuit retineat. Huic

9. Z.: nostae assertionis kartulae, ne quid absit, aliquis in futurum hoc irritum esse afferat, domina nostra Athelheid abbatissa praesente laudante et confirmante testes idoneos

10. Z.: adhibere curavimus, quorum nomina subnotavimus. De prespyteris Angillo, Addbero, Averlurt. De monialibus Uda,Utelheilt, Heilewich. Advocatus ejusdem ecclesiae

11. Z.: Kunradus et duo milites sui scilicet Winrich, Lampas. De servientibus Bernewin, Waldo, Herman, Averhart, Hezzel, Wolbero, Arnold, F…

12. Z.: Gerlach pincerna, Guntero, Illo, Bennechin villicus, Werm villicus. Si quis autem ista vi aut partitione aut aliquo ingenio

13. Z.: infringere ut annullare temptaverit, nisi resipuerit, anathema in adventu domini nostri habeatur. Acta sunt ista

14. Z.: anno dominicae incarnationis millesimo centesimo tertio decimo. Indictione VI. Regnante Heinrico V rege. anno III imperii ejus.

15. Z.: Fritherico autem archiepiscopo anno XIIII episcopatus sui feliciter, cujus impressione sigilli ut verius esse credatur et ut firmius (L. S.)

16. Z.: in futurum teneatur, fecimus consignari hanc kartam.

IM NAMEN DER HEILIGEN UND UNTEILBAREN DREIFALTIGKEIT.

1 Bekannt sei allen Christgläubigen, sowohl den kommenden wie den gegenwärtigen, dass uns fünf Männern: Wolf, Gerhard, Verdun, Azzo und Richezo und sieben Frauen:

2 Eila, Alvejat, Eveza, Uda, Hizzela, Henda und Regenza aus dem Dorfe, das Roisdorf genannt wird, bei unserer Herrin, der Äbtissin

3 von Dietkirchen, das Recht zuerkannt wurde, das vor uns unsere Väter hatten, und die Abgaben, die nach ewigem Recht zu leisten waren, wie es unsere Herren festgesetzt hatten, die es uns am Altare des hl. Petrus der vorgenannten Kirche

4 anvertraut haben, nämlich dass jeder in den einzelnen Jahren am Fest Cathedra Petri an dem genannten Altare zwei Silbermünzen bezahle. Daher haben wir auf den wirtschaftlichen Rat unserer Freunde und mit Zustimmung

5 unserer Herrin aus unseren Weingärten einen ausgesucht mit Namen Nantwardu, der zu diesem Geschäft geeignet ist und die genannte Abgabe vom Altare aufnehmen soll, und er soll dem Halfen des vorgenannten Hofes zur Vervollständigung der Ableistung der Denare zahlen.

6 Dies Gesagte war uns und unseren Nachfahren dort vor der Herrin zugestanden worden. Wenn er selbst durch Tod ausfallen sollte, dürfen wir einen anderen, der uns genehm ist, in

7 das Amt wählen. Denn wenn einer von uns Männern sterben sollte, kann er ein Stück Vieh, das für das bessere gilt, und von den Frauen ein besseres Kleid aus Leinen oder Wolle mit einer Zugabe von sechs Denaren

8 verlangen. Die Frau aber, welche den Mann überlebt, kann das Jahr über bis zum gleichen Tag verbleiben. Wenn das Jahr vorüber ist, muss sie fünf Schillinge erlegen für die Vergünstigung, die sie zu Lebzeiten des Mannes gehabt hat, diese soll sie dann wieder bekommen. Damit an diesem

9 unserem Freilassungsbrief nichts fehle oder ihn jemand in Zukunft als ungültig erkläre, haben wir in Gegenwart unserer Herrin, der Äbtissin Adelheid, mit ihrer Billigung und Bekräftigung dafür gesorgt, daß geeignete Zeugen

10 hinzugezogen wurden, deren Namen wir hierunter aufgeführt haben. Von Geistlichen: Angillo, Addbero und Averlurt. Von Nonnen: Uda, Utelheilt, Heilewich, der Rechtsbeistand dieser Kirche

11 Konrad und zwei ihrer Ritter, nämlich Winrich und Lampas. Von den Dienstleuten: Bernewin, Waldo, Herman, Averhart, Hezzel, Wolbero, Arnold, F...,

12 Gerlach, der Mundschenk, Gunter, Illo, Bennechin, Halfe, Werm, Halfe. Wenn aber jemand diesen Vertrag mit Gewalt oder Teilung oder mit anderen Vorhaben

13 zu zerbrechen oder ungültig zumachen sucht, der soll, wenn er nicht zur Einsicht kommt, bei der Ankunft unseres Herrn ausgeschlossen bleiben. Dies ist verhandelt worden

14 im Jahre der Menschwerdung des Herrn Eintausend einhundert dreizehn, in der 6. Indiktion, unter der Regierung des Königs Heinrich V., im dritten Jahre seines Kaisertums,

15 unter Erzbischof Friederich im 14. Jahre seines glücklich geführten Bischofsamtes. Mit seinem Siegelaufdruck, damit es um so wahrhaftiger geglaubt und um so fester (Ort des Siegels)

16 in der Zukunft gehalten werde, haben wir dieses Schriftstück beglaubigen lassen.

erhaltene Eichenplatte mit Erbauungsdatum des Hofes 1603

Über viele Jahrhunderte, bis zur Auflösung der Klöster und Stifte im Rheinland zu Beginn des 19. Jahrhunderts, wurde der Roisdorfer Hof von Kloster/Stift Dietkirchen bzw. seinen Pächtern bewirtschaftet, und man bezog von ihm Feldfrüchte, aber vor allem den besonders geschätzten Wein des Vorgebirges.

Hier mehr zum Dietkirchener Hof

Die zuletzt 1603 erneuerte Hofanlage am Oberdorfer Weg stürzte bedauerlicherweise zu Beginn der 1990er Jahre ein, so dass das Anwesen, auf das sich die erste urkundliche Erwähnung Roisdorfs bezieht, leider nicht mehr in die Feiern zum Ortsjubiläum einbezogen werden kann.

So bleibt uns die Urkunde von 1113 als bis heute erhaltenes Zeugnis. Es ist schön, dass mit ihr am Anfang der schriftlichen Überlieferung zu Roisdorf ein "Freilassungsbrief" steht: Die 12 ersten Roisdorfer, deren Namen wir kennen, waren Menschen, die stolz auf ihre Freiheit waren und sie zu behaupten wussten.

Es stand uns also im Jahre 2013 gut an, das Jubiläum "900 Jahre Roisdorf" nicht zuletzt ihnen zu Ehren zu feiern.