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Der Eiserne Mann im Kottenforst

Magisches Zeichen oder Hinterlassenschaft von Außerirdischen?

Der "Eiserne Mann im Kottenforst"

Seit undenklichen Zeiten steht er mitten im Wald des Kottenforsts, an der Kreuzung von fünf Waldwegen: Ein unscheinbarer, etwas mehr als meterhoher eiserner Pfahl, der jedoch wundersamerweise nicht rostet und offenbar so tief in der Erde steckt, dass er sich nicht einmal mit einem starken Traktor oder gar Panzer – wie versucht wurde – aus dem Boden ziehen lässt. Sagen ranken sich um ihn, der von der Bevölkerung der rings um den Kottenforst herum liegenden Dörfern respektvoll der "Isere Mann" (Eiserner Mann) genannt wird.

Roidorfer Wanderverein "Phönix" (?) am Eisernen Mann, 1920er Jahre

Wenn einst die Glocke der untergegangenen Schillingskapeller Stiftskirche 12 Uhr in der Nacht schlug oder dies heute noch die Glocke der Heimerzheimer Pfarrkirche tut, so versichern glaubhafte Zeugen, dreht er sich dreimal rund um seine Achse. Ein Mädchen, das in Maiennächten dreimal um Mitternacht zu ihm herum geht und ihn küsst, kann getrost darauf vertrauen, einen guten Mann zu bekommen. Man sagt, aus diesem Grunde sei seine Oberkante "blankgebützt". Manche wissen zu berichten, dass es sich um das Denkmal für einen General namens "Eisenmann" aus der Zeit des 30jährigen Kriegs handele, der hier nach einer Schlacht begraben wurde. Nach anderen wiederum soll in früherer Zeit die Stange von der eisernen Figur eines Mannes gekrönt worden sein.

Ungeklärten Ursprungs ist der bis heute gepflegte uralte Brauch von Jugendlichen der umliegenden Dörfer, in der Nacht von Pfingstsonntag auf Pfingstmontag zum "Isere Mann" zu pilgern und dort rituelle (?) Trinkgelage abzuhalten.

Teilstück des Römerkanals vor dem Bornheimer Rathaus

Der geheimnisumwitterte Eisenpfahl ist seit Jahrhunderten Gegenstand gelehrter Spekulationen. So vermutete bereits Ende des 18. Jahrhunderts der Kurkölnische Hofgerichtsschreiber Johann Philipp Vogel, bei dem Eisernen Mann handle es sich um einen sog. "Grenzgott", also ein magisches Zeichen zur Markierung und zum Schutz von durch den Wald verlaufenden Ortsgrenzen. Ähnlich sah man ihm im 19. Jahrhundert einen Grenzstein zwischen Jagdbezirken Alfter, Gielsdorf und Heimerzheim, was sich jedoch nicht halten ließ. Der Hemmericher Pfarrer und eifrige Lokalhistoriker German Hubert Christian Maassen sah in ihm römisches Mahnmal vor dem gefährlichen Sumpf auf der Villehöhe. In römische Zeit datierten ihn auch manche Forscher des frühen 20. Jahrhunderts. Diese hielten ihn für einen Fixpunkt des römisches Vermessungssystem. Tatsächlich sind aus sind Schriften römischer Feldmesser eiserne Geländemarken bekannt. Hat also der Eiserne Mann vielleicht etwas mit dem berühmten Römerkanal von der Eifel nach Köln, dem Meisterwerk antiker Ingenieurskunst, zu tun, das unweit durch den Kottenforst und den Villewald verläuft? Eine weitere Theorie behauptete, dass der Eiserne Mann auf römische Legionäre "eiserne Männer" verweise, die an ihm vorbei von Trier an den Rheinübergang bei Mondorf gezogen seien, doch finden sich auch hierfür keinerlei Belege.

Eiserne Säule im Goldenen Tempel zu Delhi

Vermutete bereits 1826 der Bonner Chemiker Gustav Bischof, dass die Eisenmasse meteoritischen Ursprungs sei und vielleicht nahe der Stelle herabgefallen und zu einer Säule umgeschmolzen worden sei, so lieferte der Sachbuchautor Erich von Däniken 1972 in seinem Bestseller "Aussaat und Kosmos" eine noch spektakulärere These: Er sah im Eisernen Mann im Kottenforst das Gegenstück zu dem Eisenpfeiler im Hof des Goldenen Tempels des indischen Dehli, einen Markierungspunkt von außerirdischen, als Göttern verehrten Besuchern: "Das aus dem Boden ragende Stück zeigt eine leichte Oberflächenverwitterung, aber keine Spuren von Rost. ... Niemand weiß bisher mit der langen rechteckigen Eisenstange etwas anzufangen, und in dieser Landschaft versteht man eine Menge von Eisen! Sollen sich Metallurgen nicht einmal die Zeit nehmen, bei einer Reise ins Entwicklungsland Indien zu prüfen, ob der Eisenpfeiler im Tempelhof zu Delhi nicht eine ähnliche Legierung hat, wie der eigenartige Stempel im Kottenforst? Aus solchem Wissen könnten sich Hinweise auf das Alter beider Säulen ergeben, denn in diesem 'Eisernen Mann' eine Grenzmarkierung für ein Dorf zu sehen, halte ich für absurd. Warum sollte der Eisenpfeiler dann 28 m tief im Boden stecken? Auch Mitteleuropa kann ein Ziel für Götterbesuche gewesen sein, und dann würde der Eiserne Mann schon einen Sinn bekommen." Einen solchen Rückfall in die Sagenwelt zu kommentieren, erübrigt sich.

Klever Cupido-Säule des Bildhauers Dieter von Levetzow (1970)

Die seriöse Heimatforschung sah hingegen einen Zusammenhang mit der Umgestaltung des Kottenforsts für die Zwecke der barocken Parforcejagden der Kölner Erzbischöfe und Kurfürsten. So führte 1957 der Bornheimer Heimatforscher Norbert Zerlett als Parallele die Umgestaltung des Reichswalds bei Kleve im frühen 18. Jahrhundert an. Auch dort gab es ihmzufolge einen sog. "Eisernen Mann", eine Feldschlange (Kanone), die eine kleine Eisenfigur, einen Cupido mit Pfeil und Bogen, trug. Der Eiserner Mann wäre demnach nach dem Vorbild des Reichswalds an der barocken Wegekreuzung aufgestellt worden. Allerdings verwechselte Zerlett hier die Klever Cupido-Säule, die der Statthalter Johann Moritz von Nassau-Siegen bereits in der Mitte des 17. Jahrhunderts errichtete und die mehrfach umgestellt wurde, mit dem Klever Eisernen Mann, einem ebenfalls aus Eisen gegossenen Säulenstandbild der Mitte des 17. Jahrhunderts, das wohl den Söldner Martin Schenk von Nideggen darstellte. Den Gang zum Eisernen Mann in der Nacht zum Pfingstmontag erklärte Zerlett als Nachfolge eines Gedingegangs, d.h. die Nutznießer der nahegelegenen Mehrdörferallmende des "Großen Zents" hielten hier ihr alljährliches Gericht ab, oder aber als Nachfolge einer sog. Holzfahrt, wie sie in unserer Gegend einst häufig donnerstags nach Pfingsten abgehalten wurden, so etwa die alljährliche Holzfahrt der Bonner auf den Kreuzberg.

Schmale Allee als Teil des barocken Wegesystems

Was sagen nun die Schriftquellen? Zerlett fand, nachdem er seine obengenannte These aufgestellt hatte, einen frühen Beleg für den Eisernen Mann im Archiv der ehemaligen Alfterer Fürsten zu Salm-Reifferscheidt. Er nahm dies zu Anlass, seine eigene These wenn nicht zu widerlegen, dann doch zu modifizieren: In einer Alfterer Grenzbeschreibung des Jahres 1625 heißt es: "Von dem Adtrigsgraben (Römerkanal) die Bach hinab gegangen, bis auf ein groß Eiser, so ein Creutz in der Erdte ist und vor ettlichen Jahren durch Ihro gen. Herren dagesetzet worden". Wenige Jahre vor 1625 war also ein "Eiser" durch den Alfterer Grafen als Grenzmarkierung zwischen Alfter und Heimerzheim gesetzt worden.

Die Bezeichnung "Eiserner Mann" ist erstmals für das Jahr 1717 bezeugt. Sein damals genannter Standort kann aber nicht der heutige sein, da die Grenze nicht durch diesen verläuft. Hierauf weist der Geograph und Archäologe Klaus Grewe hin, der 1978 die Theorie der Aufstellung des Eisernen Mannes im Zuge der barocken Umgestaltung des Kottenforsts aufgriff und diese mit dem Bau der kurfürstlichen Schlösser durch Kurfürst Clemens August in Beziehung setzte: Grewe wies nach, dass der Eiserne Mann genau in der Verlängerung der Mittelachse des Brühler Schlossparks liegt. Einer der Hauptwege des neuen Wegesystems, die vom Schloss Herzogsfreude in Röttgen ausgeht, schneidet diese Achse dort im Winkel von 50 Grad. Der Eiserne Mann befindet sich dabei genau 3.000 Ruten (1 rhein. Rute = 3,77 m) von Schloss Brühl und 1.000 Ruten von Schloss Herzogsfreude entfernt. Er wurde damit eindeutig im Jahr 1727 im Rahmen der Vermessungen des Kottenforstes an seinem heutigen Standort platziert, um Alleen für die kurfürstlichen Parforcejagden anzulegen.

Ausgrabungen beim Eisernen Mann

Klaus Grewe führte in den 1970er Jahren zudem erstmals seriöse Ausgrabungen durch: Der Pfahl erwies sich dabei keineswegs als 28 m, sondern nur als 2,18 m lang, von denen ca. 1 m in der Erde steckte. Der Querschnitt des rechteckigen Barrens betrug 21 x 10 cm, war jedoch uneinheitlich. Eine T-förmige Verankerung, mit dem Barren in einem Stück gegossen, hielt den Pfahl im Boden fest, was die Nachricht von 1625 bestätigt, dass der "Eiser" ein Kreuz in der Erde habe. Sie diente ursprünglich dem einfacheren Transport durch ein Pferde- oder Ochsengespann, das den Barren hinter sich her schleifte.

Die metallurgische Untersuchung wies die typische Zusammensetzung für Holzkohlenroheisen nach: Neben Eisen fanden sich Anteile von Kohlenstoff, Silizium, Mangan, Phosphor und Schwefel, mithin nichts Außergewöhnliches. Der Roheisenbarren war in offener Erdrinne gegossen worden, eine Technik, die im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit, aber noch nicht in der Römerzeit bekannt war. Hiermit erübrigen sich die Thesen eines römischen Ursprungs. Möglicherweise bildet der Barren also den Überrest einer im Kottenforst betriebenen mittelalterlichen Eisenverhüttung. Deren Rohstoff, Raseneisenstein, wurde bis ins 19. Jahrhundert hinein bei Olsdorf, Brenig und Waldorf in Schacht- und Stollenabbau gefördert. Im Breniger Feld weist der im 16. Jahrhundert belegte Flurname "Reckofen" auf die dortige Verhüttung des Erzes hin. Tatsächlich berichtet eine der Sagen, dass der Eiserne Mann an Ort und Stelle gegossen worden sei.

Der Eiserne Mann als Station der alljährlichen Wallfahrt der Roisdorfer zum Maria-Rosen-Fest nach Buschhoven

Kein "Grenzgott" also, keine Hinterlassenschaft von Besuchern aus dem All, sondern lediglich ein spätmittelalterlicher oder frühneuzeitlicher Eisenbarren aus möglicherweise lokaler Verhüttung, der vor 1625 als Grenzstein durch den Alfterer Grafen gesetzt, 1727 als Vermessungspunkt bei der Umgestaltung des Kottenforsts für kurfürstliche Jagdzwecke an die heutige Stelle verbracht wurde.

Es bleiben Unklarheiten: Ist er kurz vor 1625 erstmals gesetzt worden, oder wurde er auch damals nur umgesetzt? Wie kam man dazu, einen solch wertvollen Metallbarren als Grenzpfahl zu nehmen, wofür es keine Parallele gibt. Das bisherige, sicherlich noch nicht endgültige Ergebnis der Nachforschungen ist damit ernüchternd, aber deswegen gewiss nicht weniger spannend als die alten Sagen.

Seit jeher ein viel besuchter Rastplatz für Wanderer im Villewald sowie ein beliebter Treffpunkt für die Einwohner der umliegenden Dörfer, hat sich, nachdem Anfang des Jahres 2015 die hier errichtete Schutzhütte sowie Ruhebänke und Tische mutwillig zerstört worden waren, eine rührige Bürgerinitiative um die Wiederherstellung bemüht, so dass sich fortan die Anlage beim Eisernen Mann seither schöner und einladender präsentierte denn je, wobei allerdings deren Pflege eine offenbar schwierige Aufgabe darstellt.

An der Einweihung der erneuerten Anlage 2015 nahmen natürlich auch die Heimatfreunde Roisdorf teil.

Der "Eiserne Mann", ein uraltes, aber lebendiges Kulturgut unserer Heimat, das seinen geheimnisvollen Reiz gewiss niemals verlieren wird.

Eiserner Mann unter Wasser

Im Juli 2021 wurde im Zuge der Flutkatastrophe auch der Eiserne Mann überschwemmt. Er war zuvor von einer Dünstekovener Initiative mit den umgebenden Bäumen durch Schnüre verbunden worden, an die dann Kinder Zettel mit Mandalas und Wünschen zur Zukunft der gefährdeten Erde geheftet hatten.