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"... kleine Blumen inmitten von Trümmern"

Geschichtliches zur Roisdorfer Krippe

Krippe in St. Maria Maggiore in Rom von 1291

Das Weihnachtsfest wurde erstmals im Jahr 336 in Rom gefeiert und 354 offiziell auf den 25. Dezember gelegt. Kaiserin Helena baute 326-335 über der Geburtsgrotte in Bethlehem eine Basilika, die 386 durch den hl. Hieronymus ausgestaltet wurde. Sie zeigte – wie überliefert wird – einen offenen Stall mit Krippe, Ochse, Esel, Josef, Maria, Hirten, Engel und die heranziehenden Magier, bot also bereits das komplette Bildprogramm, das wir von unsere Krippendarstellungen kennen.

In der Hl. Nacht im Jahr 1223 ließ Franz von Assisi in Greccio eine Krippe mit lebenden Personen und Tieren aufstellen, um einen anderen Zugang und eine tiefere Verinnerlichung des Weihnachtsgeschehens zu ermöglichen. Ab 1384 lassen sich erste figürliche Krippen in den Kirchen Italiens nachweisen. Im 15. Jahrhundert breitete sich dieser Brauch in Italien aus, und im 16. Jahrhundert kam er in Süddeutschland an. Ab dem 18./19. Jahrhundert tauchte die Krippe auch in den Familien auf.

Der Siegeszug der Krippe in den Wohnstuben allerdings hat eine andere Ursache. Die Aufklärung des 18. Jahrhunderts hatte sowohl im staatlichen wie im kirchlichen Bereich alles bekämpft, was nicht vernunftgemäß zu sein schien. Krippenspiele und Krippen gehörten dazu. Sie wurden in den Kirchen schlicht verboten. Daher begannen die Leute, selber Krippen zu bauen, stellten sich diese zu Hause auf und protestierten so gegen das Verdikt, was nach relativ kurzer Zeit wieder zurückgenommen wurde. Die Krippen aber blieben fortan in den Familien und zogen wieder in die Kirchen ein.

In der Zeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg wanderte auch im Rheinland bei den Katholiken das Schenken vom Nikolausabend auf Weihnachten, hielten bei ihnen die „protestantischen“ Weihnachtsbäume Einzug in die Wohnstuben. Die „katholische“ Krippe wurde im Gegenzug von vielen Protestanten angenommen.

Verkündigung an Maria

In den Jahren 1942 und 1943, mitten im Zweiten Weltkrieg, mitten in einer Zeit der Ängste, der Entbehrungen und der Trauer, beschloss die Roisdorfer Pfarrgemeinde, ein besonderes Zeichen der christlichen Hoffnung zu setzen – ein Zeichen dafür, dass sich der Frieden als stärker erweisen wird als der Krieg, ein Zeichen dafür, dass das Leben stärker ist als der Tod: Eine neue, die weihnachtliche Botschaft in lebendiger Weise verkündende Krippe sollte in der Pfarrkirche St. Sebastian die alte Kirchenkrippe mit ihren starren Gipsfiguren ablösen.

Hirten auf dem Felde

Pastor Matthias Ossenbrink und Jakob Dick, der Obmann des Katholischen Männerwerks, waren die treibenden Kräfte dieser Aktion, bei der die damit verbundenen Kosten und Mühen als zweitrangig betrachtet wurden. Für die Anfertigung der neuen Krippenfiguren konnte man die renommierte Künstlerin Johanna Lamers-Vordermayer aus Kleve gewinnen, die mit ihrer Werkstätte bereits vielbeachtete Krippen, etwa in St. Bruno in Köln-Klettenberg und in St. Kolumba in Köln, der früheren Wirkungsstätte von Pastor Ossenbrink, geschaffen hatte.

Anbetung der Könige

Gleichzeitig mit den Figuren wurde ein Hintergrund mit der Landschaft von Bethlehem bei Friedrich Dücker, dem Direktor der Bonner Berufsschule und Vorsitzenden der Landesgemeinschaft der Krippenfreunde im Rheinland, bestellt. Angesichts der herrschenden Materialknappheit musste die Landschaft auf einen ausgedienten Vorhang gemalt werden. Trotz Fliegeralarms – wie berichtet wird – fuhr Peter Dick Mitte Dezember 1942 mit dem Fahrrad nach Bad Godesberg, um den fertigen Hintergrund für die Krippe abzuholen, deren neuen Stall er selbst aus Kiefernborkenrinde angefertigt hatte.

Darstellung des Herrn im Tempel

Eine Hl. Familie sowie eine Anbetung der Könige mit Engel und einigen Hirtenfiguren – bis zu 38 cm große Figuren mit beweglichen Gliedern und ausdrucksstarken, aus Holz geschnitzten und bemalten Köpfen, Händen und Füßen, gehörten zur ersten Lieferung. Rechtzeitig zu Weihnachten 1942 konnten sie fertiggestellt werden – doch dies nur, weil die Bevölkerung die raren Baumwollstoffe für die Unterkleider der Figuren sammelte und Pastor Ossenbrink der Künstlerin zudem Marken seiner eigenen Kleiderkarte zur Verfügung stellte, die eine Beschaffung der wertvollen Stoffe der Oberkleider ermöglichen sollten

Kinder vor der Krippe in der alten Pfarrkirche, ca. 1950

Zu Weihnachten 1942 präsentierte sich die Krippe zur Freude der Roisdorfer als neues Schmuckstück der Pfarrkirche. Die Herstellung weiterer Figuren – des Zacharias und der Elisabet, des Herbergswirts sowie des greisen Simeon und der Prophetin Hanna für die adventlichen und nachweihnachtlichen Szenen – gestaltete sich im Jahr 1943 angesichts der im Rheinland immer bedrohlicheren und bedrückenderen Auswirkungen des Krieges als ungemein schwierig. Die Mitarbeiter von Johanna Lamers-Vordermayer konnte man nur unter großen Mühen mit Lebensmitteln entgelten.

Auch wenn die Figuren lediglich provisorisch eingekleidet waren, durfte die Krippe zu Advent und Weihnachten 1943 doch als vollendet gelten. Es kam allen Beteiligten wie ein Wunder vor, dass man dies allen Widrigkeiten zum Trotz geschafft hatte:

Als „kleine Blumen inmitten von Trümmern“ bezeichnete in einem Brief an Pastor Ossenbrink die Künstlerin selbst ihre Arbeit.